Rio de Janeiro bereitet sich auf das große Finale heute zwischen Brasilien und Spanien vor. Gestern hatte beide Mannschaften ihr Abschlußtraining im Maracanã. In der Metro und auf dem Weg zum Stadion ist schon Alles gut ausgeschildert. Einige Geschäftsinhaber schützen schon mal vorsorglich ihre Läden, denn es sind wieder Demonstrationen angekündigt. Insgesamt ist der Confed Cup organisatorisch sehr gut gelaufen. Auch die Spiele und besonders die Torquote konnten überzeugen. Der große Moment waren jedoch die Demonstrationen auf der Straße, die sicher Alle überrascht haben. Wir können gespannt sein, welche Konsequenzen das bei FIFA, CBF, Regierungen, Fans, Medien und Fußballverbänden auslösen wird.
Sonntag, 30. Juni 2013
Freitag, 28. Juni 2013
Rio de Janeiro
Das Finale steht. Am Sonntag werden sich Brasilien und Spanien im Maracanã in Rio de Janeiro gegenüberstehen. Hier einige Infos zu Brasiliens ehemaliger Hauptstadt.
Die Stadt
Die Einwohner von Rio de Janeiro nennen
sich selbst „Cariocas“ und sind der Überzeugung, dass sie am Nabel der Welt
wohnen. Ihre Stadt gilt als Aushängeschild und kulturelles Zentrum Brasiliens,
obwohl Rio schon seit 1960 nicht mehr Hauptstadt von Brasilien ist. Die
kreative Energie spürt man an allen Ecken und Enden der Stadt. In Rio wurden
weltberühmte Rhythmen wie Samba, Bossa Nova und Baile Funk ins Leben gerufen.
Das Nachtleben ist legendär, und vor allem im Ausgehviertel Lapa tummeln sich
nachts tausende von Menschen auf den Straßen. Alljährlich zum Karneval strömen
unzählige Touristen in die Stadt, um sich gemeinsam mit den Einheimischen den
heißen Rhythmen hinzugeben.
Im geografischen Zentrum der Stadt liegt
der Tijuca-Regenwald, der zum Nationalpark erklärt wurde und auf dessen Spitze
die berühmte Christusstatue steht. Um diesen größten Stadtpark der Welt
formiert sich Rio de Janeiro zwischen Stränden und Gebirge. Von der
Christusstatue aus gesehen nordöstlich befindet sich das historische Zentrum
der Stadt, das für die Olympischen Spiele komplett renoviert wird. Neben der
portugiesischen Kolonialarchitektur können dort auch Kirchen, Büchereien,
Museen und das ehemalige Regierungsviertel bewundert werden. Lohnenswert ist
ein Ausflug mit der Oldtimer-Straßenbahn durch das malerische Künstlerviertel
Santa Teresa. Das Stadtzentrum liegt direkt an der Guanabara-Bucht, von wo aus
Fähren in die Nachbarstadt Niterói mit ihrem Niemeyer-Museum, das wie ein
gelandetes Ufo aussieht, fahren.
Südlich vom Zentrum passiert man den
weltberühmten Pão de Açúcar (Zuckerhut), der die Grenze zwischen Bucht und
Atlantikstränden markiert. Hier befinden sich mit Copacabana, Ipanema und
Leblon die bekanntesten Stadtteile mit ihren weltberühmten Stränden. Diesen
Bereich nennt man Südzone. Hier wohnen die „Oberen Zehntausend“ des Landes.
Nicht selten trifft man Schauspieler, Musiker oder Künstler am Strand. Direkt
dahinter liegen in beeindruckender natürlicher Lage die Lagune und der
Botanische Garten und tragen dazu bei, dass Rio de Janeiro über ein Image der „Berufung
zum Genuss“ verfügt.
Weiter im Süden wird am Gavea-Felsen
vorbei das Neureichen-Viertel Barra da Tijuca erreicht, das über die wohl
schönsten Strände verfügt. Dennoch gibt es noch viel freies Bauland. Beim
ehemaligen Formel-1-Gelände entsteht gerade der Olympiapark für 2016. Wendet
man sich vom Meer in Richtung Landesinneres, so tauchen einige der ärmsten
Bereiche der Stadt auf. Hier befindet sich auch die durch den Kinofilm „City of
God“ berühmt gewordene Favela. Die Vororte der Ostzone sind die Bereiche mit
der höchsten Bevölkerungsdichte. Sie bieten aber nur wenige touristische
Attraktionen, und so kann man sich auf der anderen Seite des Tijuka-Parkes
wieder in Richtung Zentrum bewegen.
Dabei werden die traditionellen Vororte
der Nordzone durchquert, in denen das Olympiastadion Engenhão gebaut wurde.
Kurz vor dem Zentrum befindet sich das Maracanã-Stadion im Stadtteil Tijuca und
der Kaiserpalast Quinta da Boa Vista in São Cristóvão. Letzteres ist die
traditionelle Wohngegend der portugiesischen Händler, in dem sich bis heute
mehrere Märkte befinden. Außerdem hat der portugiesische Verein Vasco da Gama
seinen Sitz in São Cristóvão. Nicht vergessen werden soll ein Hinweis auf das
Besucherzentrum des Tijuca-Nationalparks in Alto da Boa Vista, das zu Wanderungen
einlädt und vom dem aus sich atemberaubende Ausblicke über die Stadt bieten.
Außerhalb der Stadt befinden sich noch
vier weitere Nationalparks im Bundesstaat Rio de Janeiro. Da ist zunächst der
im Süden gelegene Regenwald der Serra da Bocaina mit seiner malerischen
historischen Hafenstadt Parati. Weiter im Landesinneren befindet sich das
Itatiaia-Gebirge, und auf den Bergen hinter Rio de Janeiro liegt der ehemalige
Sommersitz des Kaisers in Petrópolis. Zwischen ihm und der Stadt Teresópolis
lockt der Nationalpark Serra dos Órgãos mit dem Gottesfinger-Felsen Besucher
an. Im nördlichen Bundesstaat liegt schließlich der Jurubatiba-Park, der
weniger Regenwald und dafür mehr Dünen, Mangroven und Strände aufweist. Dieser
unter Strandurlaubern sehr beliebte Bereich wird Seenregion genannt. Die Stadt
Búzios wurde nach einem Besuch von Brigitte Bardot in den 1960er Jahren
berühmt. Im Juli kann man dort mit einem regenarmen und milden Winter rechnen.
Die traditionelle Küche Rio de Janeiros
wird in den sogenannten Botequims gekocht, die vor allem im und um das Zentrum
zu finden sind. Einige der
bekanntesten Botequims sind Nova Capela, Bar Luiz, Bar Brasil, Bar do Mineiro
und Café Lamas. Zu den besten Lokalen gehört Caneco Gelado do Mário mit seinen berühmten
Krebspastetchen und Kabeljaubällchen in der Nachbarstadt Niterói.
Fast alle Restaurants bieten mindestens
einmal pro Woche den reichhaltigen Bohneneintopf Feijoada. Er besteht aus
mehreren Fleischsorten, die in Bohnen gekocht werden. Dazu gibt es Grünkohl, Reis,
Maniokmehl und Orangenscheiben. Der Gemüseeintopf Cozido und das
Ochsenschwanzgericht Rabada werden ebenfalls einmal die Woche angeboten. Auf
keiner Speisekarte fehlen darf auch das Oswaldo Aranha Steak mit Reis, Pommes,
Maniokmehl und viel Knoblauch. Garnelenrisotto ist ein weiteres typisches
Gericht der Botequims.
Gern naschen die Cariocas salzige
Kleinigkeiten (Salgados oder Petiscos) - zum Beispiel Pasteten, Fleisch- oder
Fischbällchen, Sandwiches oder getrocknetes Fleisch mit frittiertem Maniok. Auch
in Rio de Janeiro gibt es hervorragende Churrascarias, besonders beliebt ist
der Rinderrücken Picanha. Und wer gerne Fisch oder Meeresfrüchte mag, dem sei
der Fischmarkt mit seinen Restaurants in Niterói empfohlen.
Der Fußball
Neben São Paulo ist Rio de Janeiro die zweite große Fußballmetropole
Brasiliens. Rio hat vier große Klubs in der ersten Liga, die gemeinsam bereits 15
Mal die brasilianische Meisterschaft in die Stadt holten. Alle vier spielten
eine wichtige Rolle in der nationalen Fußballhistorie und haben große
Anhängerscharen.
Der Fluminense FC ist einer der ältesten Fußballvereine des Landes. Er
wurde 1902 von dem Engländer Oscar Cox gegründet und behielt bis heute seine
englische Schreibweise bei. Fluminense gilt als Verein der Oberschicht. Das
Klubpräsidium war entscheidend an der Organisation der ersten Fußball-Ligen in
Brasilien und des Nationalverbandes beteiligt. Der sowohl von seiner
Architektur, als auch von seiner Lage her, beeindruckende Vereinssitz im
Stadtteil Laranjeiras stammt aus den 1920er Jahren und ist nahezu im Original
erhalten und damit einen Besuch wert. Neben dem 1919 bei der
Südamerikameisterschaft genutzten Stadion findet man dort fast alle
erdenklichen Sportanlagen wie Tennisplätze und Schwimmbecken. Die
Olympiaathleten sind der große Stolz des Vereins.
1912 trat eine komplette Fußballmannschaft nach einem Streit bei Fluminense
aus und gründete beim bereits existierenden Klub Flamengo eine
Fußballabteilung. Damit wurde das berühmte Stadtderby „Fla-Flu“, quasi ein
Vater-Sohn Duell, geschaffen. Das Spiel bannt die Massen und hat einige
denkwürdige Auflagen erlebt. Eines der berühmtesten Duelle ist das „Fla-Flu der
Lagune“, als die Spieler von Fluminense im Jahr 1941 den Ball so lange aus dem
Stadion Flamengos in die Lagune droschen, bis sie den Sieg über die Zeit
gerettet hatten. 1995 wurde die Rio-Meisterschaft im strömenden Regen und vor
112.000 Zuschauern erst durch ein Bauchtor von Renato Gaúcho in der 86. Minute
zu Gunsten Fluminenses entschieden, nachdem zuvor drei Fluminense-Spieler rote
Karten gesehen hatten.
Flamengo gilt als der Verein mit der größten Fangemeinde weltweit. Er
existiert als Ruderverein bereits seit 1895, kam aber wie erwähnt erst 1912 zu
einer Fußballabteilung. Die Wurzeln des Klubs liegen ebenfalls in Rios
Oberschicht. Im Laufe der Geschichte änderte Flamengo sein Image jedoch zu dem
eines populären Vereins. Auslöser war die Verpflichtung des dunkelhäutigen
Superstars Leônidas in den 1930er Jahren. Da in der damaligen Hauptstadt Rio de
Janeiro sämtliche Radio- und später Fernsehstationen ansässig waren wurde der
Bekanntheitsgrad des Vereins ins ganze Land getragen. In den 1980er Jahren
besaß man mit Spielern wie Zico und Junior ein legendäres Team, das den Copa
Libertadores und den Weltpokal gewinnen konnte.
1904 wurde der Fußballverein Botafogo im gleichnamigen Stadtteil in der
Südzone Rio de Janeiros gegründet. Der Verein wurde weniger wegen seiner Titel
als vielmehr wegen einiger seiner Spieler berühmt. Die halbe
Weltmeistermannschaft von 1958 bzw. 1962 stammte aus seinen Reihen.
Herausragend war seinerzeit Dribbelkünstler Garrincha. In den 1950er Jahren war
Carlito Rocha Präsident des Klubs und konstruierte ein abergläubisches Image
des Vereins. So wurde beispielsweise der Hund Biriba kurzerhand zum
Glückbringer erklärt, weil er während eines erfolgreichen Spiels auf den Platz
gelaufen war. Botafogo trägt seine Heimspiele im Olympiastadion Engenhão aus.
Schließlich wurde 1915 mit Vasco da Gama der einzige echte Arbeiterverein
unter den „Großen Vier“ Rio de Janeiros gegründet. Der Klub der portugiesischen
Gemeinde aus der Nordzone galt zunächst als der Ausgestoßene in der
Rio-Meisterschaft, zumal er seine Spieler bezahlte. Das war aus der Sicht Vascos
nötig, um den Athleten aus der Unterschicht überhaupt einen Trainingsbesuch zu
ermöglichen. Der Amateurverband schuf daraufhin neue Auflagen (wie
beispielsweise ein vereinseigenes Stadion und die Unterschrift von jedem
Spieler im Spielbericht, was den Angehörigen der Unterschicht oft nicht möglich
war) und erschwerte Vasco das Leben. Doch der Klub brachte seinen Athleten das
Schreiben des eigenen Namens bei und errichtete 1927 das 25.000 Zuschauer
fassende São Januário-Stadion, das noch heute genutzt wird.
Unter den Gründungsmitgliedern der Rio-Meisterschaft war auch der Verein
América aus dem Stadtteil Tijuca zu finden, der aber inzwischen erheblich an
Bedeutung verloren hat. Ein anderer historisch wichtiger Verein ist der Bangu
AC aus dem entlegenen Vorort Bangu, der an eine dortige englische Textilfabrik
angeschlossen war. Wahrscheinlich hat dort auch das erste Fußballspiel Rio de
Janeiros stattgefunden. Entgegen der Ligastatuten setzte der Klub schon früh
Spieler der Fabrik in seiner Mannschaft ein. Heute plagen auch Bangu große
wirtschaftliche und sportliche Probleme. Andere traditionelle Vorortvereine
sind Madureira, Olaria und São Cristóvão. Letzter war der erste Klub von
Ronaldo Fenômeno.
Das WM-Stadion Rios wird das komplett renovierte Maracanã sein. Es wird in
der Liga von Fluminense und Flamengo genutzt und wurde zur WM 1950 errichtet.
Damals bot es 200.000 Menschen Platz und war bis zu seiner ersten Renovierung
1999 nie ausverkauft. Anschließend wurden schrittweise die Stehplätze abgebaut
und durch Sitzschalen ersetzt, so dass 2014 nur noch 80.000 Menschen in einem
All-Seater Platz finden werden.
Botafogo de Futebol e Regatas
Gegründet: 12. August 1904
Trikots: schwarz-weiße Hemden, schwarze Hosen
Titel:
Staatsmeisterschaft: 19 Mal
Brasilianischer Meister: 1995
Brasilianischer Pokal: 1968
Wichtige Spieler: Garrincha, Zagallo,
Didi, Nílton Santos, Paulo César Caju, Túlio,
Heleno de Freitas
Internet: www.botafogo.com.br
Clube de Regatas do Flamengo
Gegründet: 3. Mai 1912
Trikots: rot-schwarze Hemden, weiße Hosen
Titel:
Staatsmeisterschaft: 32 Mal
Brasilianischer Meister: 1980, 1982, 1983, 1992, 2009
Brasilianischer Pokal: 1990, 2006
Copa Libertadores: 1981
Weltpokal: 1981
Wichtige Spieler: Leônidas, Zizinho, Zico,
Júnior, Petcovic, Ronaldinho Gaúcho,
Jorginho, Adriano
Internet: www.flamengo.com.br
Fluminense Football Club
Gegründet: 21. Juli 1902
Trikots: grün-weiß-rote Hemden, weiße Hosen
Titel:
Staatsmeisterschaft: 31 Mal
Brasilianischer Meister: 1970, 1984, 2010, 2012
Brasilianischer Pokal: 2007
Weltpokal: 1952
Wichtige Spieler: Rivellino, Assis, Carlos Alberto Parreira, Castilho, Darío Conca, Deco, Fred, Renato Gaúcho, Washington, Branco
Internet: www.fluminense.com.br
Clube de Regatas Vasco da Gama
Gegründet: 26. November 1915
Trikots: schwarze-weiße Hemden, schwarze Hosen
Titel:
Staatsmeisterschaft: 22 Mal
Brasilianischer Meister: 1974, 1989, 1997, 2000
Brasilianischer Pokal: 2011
Copa Libertadores: 1998
Wichtige Spieler: Roberto Dinamite,
Romário, Vavá, Barbosa, Bismarck, Friaça,
Edmundo, Juninho Pernambucano
Internet: www.vasco.com.br
Donnerstag, 27. Juni 2013
Fortaleza (Spanien - Italien, 0:0, 7:6 nE)
Das zweite Halbfinale zwischen Spanien und Italien (0:0, 7:6 nE) fand heute in Fortaleza statt. Die einzige Stadt, die ich während des Confed Cups nicht besucht habe. Es folgt die Städtebeschreibung.
Die Stadt
Fortaleza liegt an der Nordküste Brasiliens und ist eine Art São Paulo mit
Strand. 2,5 Millionen Menschen drängen sich in der Hauptstadt des Bundesstaates
Ceará, die zu einem industriellen und wirtschaftlichen Zentrum geworden ist.
Wie in São Paulo ist das Stadtbild von Wolkenkratzern geprägt, und auch das
Design der Straßenschilder entspricht dem von São Paulo.
Aber Fortaleza ist mit seinen schönen Stränden auch ein Touristenmagnet,
der von mehreren europäischen Städten aus direkt angeflogen wird. An der
breiten Strandpromenade drängt sich ein Hotelhochhaus neben dem anderen. Bis
spät in der Nacht sind unzählige Menschen unterwegs um zu trinken und Freunde
zu treffen oder einfach nur, um zu sehen und gesehen zu werden.
Ceará ist ein eher trockener Landstrich, dessen wüstenhafte Ausstrahlung
gelegentlich durch Kokos- und Cajúplantagen unterbrochen wird. Diese bizarre
Landschaft mit Sonnengarantie besitzt einige der spektakulärsten Strände wie
beispielsweise Mundaú, Águas Belas oder Canoa Quebrada. Wer Zeit hat, sollte
zudem in die 320 Kilometer entfernte Strandoase Jericoacoara reisen. Von dort
aus kann man in etwa vier Tagen und mit einem Geländewagen die Überfahrt nach
São Luis und dessen historischer Altstadt machen, wobei es am Parnaiba-Delta
und den Dünen der Lenções Maranhenses vorbei geht.
Die lokale Küche ist recht fleischlastig. Picanha, Maminha, Ziege, getrocknetes
Rindfleisch oder Hähnchen wird mit dem allgegenwärtigen Baião de Dois, eine Art
Risotto mit Bohnen, und Coalhokäse gereicht. Sehr empfehlenswert ist das
Escondidinho, ein mit Käse überbackenes trockenes Fleisch mit Maniokpüree. In
populären Restaurants sind Gerichte mit Innereien beliebt, wie zum Beispiel
Panelada, Sarapatel und Kaumagen (Moela). Typische Fische der Region sind
Surubim, Cavala und Rochen. Jeweils am Donnerstag treffen sich die
Einheimischen am Futuro-Strand, um Krebse (Caranguejo) in verschiedenen
Variationen zu essen.
Die lokale Cajúproduktion ist so riesig, dass die Fruchtschalen tonnenweise
weggeworfen werden, denn ihre Nüsse, sind viel ertragreicher. Was trotzdem auf
dem Teller landet, sind Marmeladen und Kompotte aus Cajú-Schalen. Andere
typische Früchte sind Seriguela und Cajá, die sich hervorragend für Caipirinhas
eignen. Auch in Ceará gibt es Tapiocas, oft mit Kokosraspeln.
Der Fußball
Fußball traf in Brasilien unabhängig voneinander an verschiedenen Orten aus
Europa ein und breitete sich anschließend zunächst nur lokal aus. So war das
auch in Fortaleza. Dort bestanden zu Beginn des 20. Jahrhunderts enge Kontakte
mit Paris, weshalb diese Zeit auch „Belle Époque“ genannt wird. Die Gründer des
Fortaleza EC wählten zudem die französischen Nationalfarben für ihr
Klubwappen aus.
Bis heute ist Fortaleza ein bürgerlich geprägter Verein, der sich
auf lokaler Ebene emotional aufgeladene Derbys mit dem Stadtrivalen Ceará
liefert. Der wiederum betont bewusst die regionale Verbundenheit und lehnt
ausländische Einflüsse ab. Obwohl Fortaleza eine der wichtigsten Städte des
Landes ist, haben beide Vereine Schwierigkeiten, in den nationalen
Meisterschaften mitzuhalten. Die meiste Zeit verbringen sie in der zweiten Liga
und somit fern der überregionalen Titel.
Beide Vereine nutzen das öffentliche Stadion Castelão, das eine für die
Militärdiktaturzeit typische Betonschüssel ist. Einst fanden dort über 100.000
Zuschauer Platz. Für die WM ist nur die Fassade erhalten geblieben, während der
Innenraum komplett umgestaltet und auf eine Kapazität von etwa 60.000
verringert wurde. Das Stadion stand ursprünglich zwischen großen Ausfallstraßen
am unbewohnten Stadtrand. Heute liegt es inmitten eines riesigen Slums, was den
WM-Organisatoren durchaus Sorge bereitet.
Ceará Sporting Club
Gegründet: 2. Juni 1914
Trikots: schwarz-weiße Hemden, schwarze Hosen
Titel:
Staatsmeisterschaft: 41 Mal
Wichtige Spieler: Belletti, Edmílson, Iarley
Internet: www.cearasc.com
Fortaleza Esporte Clube
Gegründet: 18. Oktober 1918
Trikots: rot-blaue Hemden, blaue Hosen
Titel:
Staatsmeisterschaft: 39 Mal
Wichtige Spieler: Paulo Isidoro, Ari, Garrinchinha
Internet: www.fortalezaec.net
Mittwoch, 26. Juni 2013
Brasilien – Uruguay, 2:1
Ich bin wieder daheim in Rio de Janeiro. Das
Halbfinale zwischen Brasilien und Uruguay fand aber in Belo Horizonte statt,
also beschloss ich das Spiel in der Bar do Gomes im Stadtteil St Teresa zu
verfolgen. In Rio war für heute keine Demonstration angekündigt und die Dinge
sind im Moment ruhig. Ganz im Gegensatz dazu wurde am Spielort Belo Horizonte
wieder kräftig demonstriert.
Die Entwicklungen rund um die brasilianische
Protestbewegung sind sehr interessant. Präsidentin Dilma hat ihre Ankündigung
wahr gemacht und schnell reagiert. Noch am Montag hat sie sich zunächst mit
Vertretern der Protestbewegung aus São Paulo getroffen. Gleich im Anschluß
wurde ein Meeting mit den Gouverneuren und den wichtigsten Bürgermeistern
durchgeführt. Dabei machte Dilma ein paar Vorschläge, die im Fernsehen übertragen
wurden:
1.
Ein Plebiszit, um eine
Verfassungsänderung für eine Reform des politischen Systems durchzuführen.
2.
Verschärfung der Gesetzgebung zur
Bekämpfung der Korruption.
3.
Investition von 100% der Royalties aus
der Ölgewinnung in die Bildung.
4.
Verbesserung des Gesundheitssystems.
5.
Nationaler Plan zum Ausbau des
öffentlichen Transportsystems.
Aus meiner Sicht war das ein sehr intelligenter
Schachzug, denn sie ging auf die wichtigsten Forderungen der Demonstranten ein
und machte gleichzeitig klar, dass sie die Zügel in der Hand hat. Sie, als
Präsidentin, formulierte die Forderungen, die jetzt von einer Bestätigung im
Parlament abhängen. Somit gibt sie die Verantwortung an die Abgeordneten
weiter. Es ist wichtig zu erklären, dass in Brasilien der Präsident zwar Staatsoberhaupt
und Regierungschef ist, aber nicht unbedingt über eine Mehrheit im Parlament
verfügt. Die Proteste spielen also Dilma in die Karten, denn so wurde der
nötige Druck aufgebaut, um die Reformen in die Wege zu leiten. Dilma kann sich
nun als Initiatorin profilieren.
Der Punkt des Plebiszit zur Verfassungsänderung ist
dabei der gewagteste Vorschlag, denn er geht zum einen auf die Forderung von
mehr direkter Demokratie ein und kann sich deshalb des Rückhalts in der
Bevölkerung gewiss sein. Zum anderen dürfte besonders die konservative
Opposition gegen ihn Sturm laufen, weil sie befürchten muss, dass Dilma damit
ihre eigene Position stärken wird.
Wie nicht anders zu erwarten war, ließen die
Proteste nicht auf sich warten. Konservative Oppositionsführer merkten an, dass
Volksabstimmungen über die Verfassung sehr an bolivarianische Regime, wie das
Venezuela von Chaves oder das Ekuador von Correas, erinnern würden. Dilma traf
sich gestern mit Verfassungsrechtlern, die ihr scheinbar von der Idee abrieten,
denn heute wurde vermeldet, dass das Plebiszit wohl nicht stattfinden wird.
Währenddessen trifft sich Dilma weiter mit Vertretern von Gewerkschaften und
Brasiliens oberstem Richter.
Plötzlich geht auch im Parlament alles ganz schnell.
In den letzten zwei Tagen wurden mehrere Abstimmungen durchgeführt, die Teil
der Forderungen der Demonstranten sind. So wurde die PEC 37, die der
Staatsanwaltschaft investigative Befugnisse entzogen hätte abgelehnt. Außerdem
wurde schon entschieden, dass die Royalties der Ölgewinnung zu 75% in die
Bildung und zu 25% in das Gesundheitssystem fließen sollen. Schließlich wurde
auch die Praktik der geheimen Abstimmung im Parlament aufgehoben. Die
Abstimmung zur Verschärfung der Gesetzgebung zur Korruption ist noch für heute
angekündigt. Es ist atemberaubend.
Insgesamt scheint es mir so, dass Dilma als
Gewinnerin aus den Auseinandersetzungen gehen könnte. Sie macht Vorschläge, zeigt
sich als starkes Staatsoberhaupt, bleibt aber trotzdem bescheiden und unaufgeregt.
Dilmas Arbeiterpartei PT kann viel glaubhafter verkaufen, dass sie mit den
Demonstranten auf der Straße koaliert, als ihre konservative Opposition.
Aber zurück
zum Spiel. Das Spiel fand um 16.00h, also noch während des normalen
Arbeitstages statt. Trotzdem war nicht nur die Bar do Gomes sondern auch die
Nachbar-Kneipe Nega Tereza gerammelt voll. Der Confed Cup hat die Brasilianer
mehr mobilisiert als ich dachte. Deswegen stehe ich auch zu der Aussage, dass
die Leute nicht gegen den Fußball oder die WM sind, sondern gegen die FIFA und
die Verteilung von Ressourcen.
Uruguay spielte taktisch sehr klug und war der
bisher stärkste Gegner für Brasilien. Außerdem verschoss Forlan einen Elfmeter.
Aber zum Schluss zeigte Brasilien dann doch, dass sie den Sieg mehr wollten. Ich
bin beeindruckt von der Art, wie Felipão es versteht ein Team zu formen. Brasilien
wurde von einer vernachlässigbaren Mannschaft zu einem Titelfavoriten. In Belo
Horizonte zog sich der Protestmarsch friedlich vom Zentrum bis zum Stadion im
Stadtteil Pampulha. In Pampulha kam es wieder zu Ausschreitungen. Autos und
Busse wurden in Brand gesetzt und ein Hyundaihändler mit Steinen beworfen.
Montag, 24. Juni 2013
Uruguay – Tahiti, 8:0
Das WM-Stadion Recifes liegt eigentlich schon in
einer anderen Stadt: São Lourenço da Mata. Um dort hin zu kommen muss man die
U-bahn im Zentrum der Stadt in Richtung Camaragibe nehmen und nach etwa einer
halben Stunde Fahrt in Cosme Damião aussteigen. Recife hat eine etwas
bedrückende Atmosphäre. Der Zug fährt durch schaurige Armenviertel bis vor die
Tore der Stadt. In Cosme Damião wurde ein neuer Busbahnhof gebaut und es warten
schon Busse, die die Zuschauer zum Stadion bringen.
Der Bus schlängelt sich klappernd durch kleine Dörfer
und den atlantischen Regenwald. Die Straße, die Bahnhof mit Stadion verbinden
soll, muss erst noch gebaut werden. Dann hält der Bus mitten im Grünen und man
muss noch etwa einen Kilometer in der heißen Sonne Pernambucos laufen. Immerhin
regnet es nicht, denn in Recife ist im Juni eigentlich Regenzeit. Insgesamt
läuft der Transport ganz gut, wohl auch, weil heute nur etwa 20.000 Zuschauer
gekommen sind, um Uruguay – Tahiti zu sehen.
Das nagelneue WM-Stadion ist ein weiteres architektonisches Schmuckstück Brasiliens. Aber hinter der geschliffenen
Oberfläche kann man noch mehrere Baustellen erkennen. Viele Bereiche werden mit
Tüchern versteckt und Backstage gibt es noch keine Toiletten, nur Dixie-Klos. Aber
bis zur WM sollte es kein Problem sein, das noch fertigzustellen. Die
Organisatoren haben jetzt sowieso andere Sorgen. In Recife blieb es übrigens
ziemlich ruhig. Ein Grund könnte sein, dass es schwierig ist, einen Protest so
weit vor den Toren der Stadt aufzuziehen.
Die Fans waren gut gelaunt und haben wieder ein Mal
entschieden den Außenseiter Tahiti zu unterstützen. In Recife gibt es die
Mannschaft Ibis, die von sich selbst sagt, sie sei das schlechteste Team der
Welt. Wahlspruch ist: „Nichts könnte schlechter sein.“ (Nada pode ser pior): http://www.ibismania.com.br/. Klar
das Ibis, unter dem Namen Taitibis, Tahiti unterstützte. Berühmtester Spieler
von Ibis ist der Frisör Mauro Shampoo, der in Recife seinen Salon hat.
All die guten Wünsche haben nichts genutzt und
Tahiti verlor auch sein letztes Spiel mit 8:0. Die Fans begannen irgendwann zu
rufen: „Hey, Schiri, hilf Tahiti!“ (Hey Juiz, ajuda o Taiti). Trotz der
haushohen Überlegenheit fing sich Uruguay in der zweiten Halbzeit eine ziemlich
dämliche Rote Karte ein und so keimte etwas Hoffnung auf. Aber schon kurz
darauf wurde ein Tahitianer, ähnlich dämlich, vom Platz verwiesen.
Nach dem Spiel nahm ich den Bus zurück zur U-Bahn.
Diesmal gab es längere Schlangen. Bei ausverkauften Spielen wird das
problematisch. Bekannte aus Recife waren beim Spanienspiel und hatten mir schon
erzählt, dass für sie der Transport ein Horror war. In den Dörfern rund um das
Stadien wurden unzählige Johannis-Feuer gezündet. Der Johannistag ist in
Pernambuco einer der wichtigsten Feiertage des Jahres und wird schon am 23.06.
gefeiert.
Deshalb beschloss ich auch nach meiner Rückkehr ins
Zentrum, in die Altstadt zum Marco Zero zu gehen und dort die Feierlichkeiten
anzuschauen. Es wurden auf mehreren Plätzen Bühnen errichtet, auf denen
verschiedene Bands spielten. Die Buden verkauften Maniok mit Fleisch und
Grillspieße. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass die Party auf den Dörfern
besser gewesen wäre.
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