Es passierte viel an diesem Wochenende: WM-Quali,
Nationalfeiertag, Demos, Freundschaftsspiel, Entscheidung zur Olympiastadt und
ganz normale Ligaspiele. Am Freitag wollte ich mich der WM-Quali widmen und
musste feststellen, dass meine acht (!) Sportsender nachmittags 3x Spanien –
Finnland, 2x Italien – Bulgarien, 1x Nordirland – Portugal und 2x Tennis
zeigten. Da hätten sie sich schon besser absprechen können und Deutschland –
Österreich und Irland – Schweden mit ins Programm aufnehmen können. Am Abend
kam dann eine Aufzeichnung des Deutschlandspiels und nachts die Niederlage von
Klinsis Boys. Ja, das brasilianische Fernsehen hat wieder einmal die
südamerikanische Quali ignoriert. Es ist unglaublich.
Am Samstag schlug Brasilien Australien mit 6:0,
während ich mich zum Ligaspiel Fluminenses gegen Bahia begab. Im Zentrum sah ich
noch eine kleinere Demo vor dem Stadtrat bei der sich genauso viele Polizisten,
wie Demonstranten einfanden. An der Metro traf ich mich dann mit meinem
australischen Kollegen Anthony, der die Niederlage seiner Nationalmannschaft
gefasst nahm. Am Stadion angekommen trafen wir eine us-amerikanische Filmcrew,
die uns versprach, uns nach Hollywood mitzunehmen, wenn wir uns als deutsche
Fans ausgeben würden. So machten wir aus Anthony kurzer Hand einen Deutschen
und ließen uns auf die Gegengerade einladen.
Dadurch hatten wir Zugang zu einem Bereich, der in
den letzten Monaten oftmals R$200 (€70) Eintritt gekostet hat. Gestern hat
Fluminense plötzlich massiv die Preise gesenkt, da das Team zum einen in einer
Krise steckt und sich auf dem 16. Tabellenplatz befindet und da zum anderen
deshalb (und wegen der hohen Preise) die Fans nicht mehr zu den Spielen kamen.
Somit kostete gestern die Gegengerade R$40 und die Kurve R$20. Offiziell
wollten 28.000 Zuschauer die Partie sehen, die Zahl erscheint mir aber übertrieben,
denn die Haupttribüne und die Auswärtskurve waren praktisch leer und die
Gegengerade war auch nicht gut gefüllt.
In diese Gegengerade kommt man über eine
klimatisierte Halle, die sehr an einen Shopping Center oder ein Kongresszentrum
erinnert. Die Wände sind mit einem Fake-Holz ausgelegt und in der Mitte stehen
Inseln mit Barhockern. Überall hängen Fernseher. Auf der Tribüne haben die
Sitze einen Überzug bekommen, damit man weicher sitzt. Das Publikum in diesem
Sektor hat sich das ganze Spiel über nicht bewegt und auch keine Lieder
gesungen. Für das Kamerateam war das ganz gut, denn so konnten sie ohne Tumult
filmen.
Das Spiel war absolut fürchterlich. Keine der beiden
Mannschaften bekam vernünftige Spielzüge auf die Reihe und erarbeitete sich
somit auch keine Torchancen. Man muss sich fragen, wie Fluminense letztes Jahr
die Meisterschaft gewinnen konnte. Irgendwann konnte der Torwart dann einen
Freistoß nur abklatschen und Biro Biro verwandelte zum Sieg der Heimmannschaft.
Fluminense hat diesen Sieg dringend benötigt, um sich ein bisschen den
Abstiegsrängen zu entfernen.
Bahia, die Mannschaft aus Salvador im Nordosten
Brasiliens, hingegen begann die diesjährige Meisterschaft ganz gut, befindet
sich jetzt aber im freien Fall. Das war aber auch so erwartet worden. Bahia
wird sogar zu den 13 großen Klubs Brasilien gezählt, aber der letzte nationale
Titel liegt inzwischen 25 Jahre zurück.
Nach dem Spiel trafen Anthony und ich Leda, um in
die Kneipe Da Gema in Tijuca zu gehen. Den Weg legten wir mit einem Taxi
zurück, dessen Fahrer sein GPS Gabriela getauft hat.
Da Gema ist eine der kreativsten Wirtschaften Rio de
Janeiros beim Umgang mit traditionellen lokalen Rezepten. Sie nimmt alljährlich
an dem Wettbewerb „Comida di Buteco“ teil und konnte schon mehrfach gewinnen.
Dieses Jahr waren sie zum Beispiel mit dem Gericht „Atoleiro Carioca“, einem
Eintopf aus Maniok und Rindfleisch, erfolgreich. Das Gericht wurde an dem
traditionellen „Vaca Atolada“ (wörtlich festgefahrene Kuh) angelehnt, nur, dass
eine Kressen-Pesto und Würste zugefügt wurden. Die Kressensauce ist sehr gut
gelungen.
Außerdem bestellten wir die Bohnenbällchen, die
vielleicht etwas zu schwer geraten sind, und ein Gericht, das Da Gema Fondue
getauft wurde. Letzteres bestand aus einem Maisbrei, ein paar Rippchen und Würstchen.
Der mit Speck angereicherte Maisbrei war hervorragend. Wir verstanden nur
nicht, warum das Gericht Fondue genannt wurde.
Schließlich gab es gestern noch das Spiel Tupi gegen
Aparecidense 2:2 in der Serie D, also vierte Liga, bei dem der Masseur von
Aparecidense ein Tor verhinderte. Schade für Tupi, aber das Video ist Klasse:
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