Cabo Frio – Flamengo 0:3, 5.128 Zuschauer
Vasco – Fluminense 1:1, 12.715 Zuschauer
Flamengo – Cabo Frio 3:1, 9.327 Zuschauer
Fluminense – Vasco 0:1, 19.586 Zuschauer
Das macht einen Zuschauerschnitt von 11.689 und ein
Finale aus Flamengo und Vasco. Der Publikumszuspruch in den Halbfinals der
Riomeisterschaft ist eine Bankrotterklärung des brasilianischen Fußballs. Nicht
einmal die Derbys haben wirklich interessiert. Trotz WM ist der brasilianische
Fußball eigentlich in einer Krise.
Letztes Jahr haben sich einige Profispieler zu einer
Spielervertretung mit Namen Bom Senso FC (FC Gesunder Menschenverstand)
zusammengeschlossen. Sie kritisieren besonders die Regionalmeisterschaften und
sind deshalb den Funktionären regionaler Verbände ein Dorn im Auge. Diese Woche
gab es einen Schlagabtausch zwischen Bom Senso FC und dem Präsidenten des
Verbands von Rio de Janeiro. Ich übersetze einfach mal die Antwort von Bom
Senso FC. Daraus kann man auch die Aussagen des Präsidenten schließen.
Es ist schade, dass der Herr
Präsident Rubens Lopes unsere Vorschläge nicht kennt. Zu den Tatsachen:
· Eine Meisterschaft, in
der Flamengo vor 375 Zahlenden spielt und die Hinspiele des Halbfinales einmal
etwas mehr als 3.000 Zahlende und das andere Mal etwas mehr als 9.000 Zahlende
haben, ist seltsam. Eine Meisterschaft, in der 15 wertlose Spieltage
ausgetragen werden, um dann den immer verzichtbareren Titel in vier Spieltagen
zu entscheiden.
· Die Idee die Regionalmeisterschaften
in nur acht Spieltagen auszutragen stammt nicht Von einer einzelnen Person,
sondern Von einer Gruppe, die im Konsens entschieden hat. In der Vorstellung
dieser Personen ist es besser die Regionalmeisterschaften in wenigen Spieltagen
auszutragen, dafür immer spannende und entscheidende Spiele zu haben, statt
lange und langweilige Meisterschaften ohne Attraktivität zu organisiere, wie es
im Moment passiert.
· Es scheint so, als ob
der Herr Präsident nicht wüsste, dass unser Vorschlag den etwa 700
brasilianischen Profiklubs Spiele über etwa 10 Monate im Jahr garantieren. Dies
soll in den Serien A, B, C, D und E geschehen. Also haben wir nie vorgeschlagen,
dass die Klubs nur knapp zwei Monate spielen. (Unsere Vorschläge können hier
eingesehen werden: http://www.bomsensofc.org/#propostas ).
· Im Gegensatz zu dem
was sie sagen, ist es das aktuelle System, das die Spieler arbeitslos macht. Von den etwa 700
Profiklubs spielen etwa 500 nur etwa drei Monate und sind den Rest des Jahres
inaktiv.
· In der aktuelle
Riomeisterschaft sind keine 10.000 Athleten aktiv. Letztes Jahr nahmen 73 Klubs
an den 3 Ligen teil. Wenn jeder Verein 30 Spieler hat, dann kommt man auf höchstens
2.200 Athleten.
Es geht den Spielern also darum zum einen die
Attraktivität der Spiele und Meisterschaften zu garantieren und zum anderen
aber auch die Arbeitsverhältnisse zu sichern. Was sie dabei vergessen, ist,
dass die kleinen Vereine, die im Moment wenigstens noch ein paar Monate gegen
große spielen dürfen, in ihrem Vorschlag in die Serie E abgeschoben werden
würden. Diese Vereine leben aber davon, dass sie ihre Spieler in einer gut
sichtbaren Vitrine anpreisen und dann verkaufen können. Für Fans, Spieler und
Vereinsfunktionäre der großen Klubs wären die Vorschläge des Bom Senso FC
sicherlich gut.
Die Halbfinalspiele waren auf jeden Fall ziemlich
schlecht und uninteressant. Da haben sich zumindest die Fluminensefans die Zeit
mit Schlägereien und Rennereien vertrieben. Es war nicht ganz klar, was
passiert ist, aber ich habe eine Vermutung. Die großen traditionellen Torcidas
im Falle von Vasco und Fluminense sind: Torcida Jovem do Vasco und Young Flu.
Beide sind nicht mehr sichtbar, d h es gibt von ihnen keine Transparente oder
Fahnen. Ich gehe also davon aus, dass sie Stadionverbot haben. Aber einzelne
Mitglieder von ihnen sind natürlich im Stadion.
Gut sichtbar sind hingegen die neuen Torcidas mit ihren argentinischen
Gesängen: Gueirreiros do Almirante (Vasco) und Legião Tricolor (Fluminense).
Ich vermute nun, dass es hier einen Verdrängungsprozess gibt und die Mitglieder
der traditionellen Torcidas damit gar nicht zufrieden sind. Irgendwer ist dann
wahrscheinlich am Kiosk in der Halbzeitpause aneinander geraten und in einem
Dominoeffekt hat sich das dann auf die Tribünen verbreitet.
Ich schließe diesen Vorgang daraus, da zu beobachten war,
wie die Polizei begann Gruppen von Fluminensefans zu trennen. Es ist schon auch
lustig, dass man die neuen Stadien mit dem Versprechen baut, dass so etwas
nicht mehr passieren kann und es passiert dann doch. Leider konnte ich nicht
zum Ort des Geschehens vordringen, denn die Polizei sperrte die Wege ab.
Übrigens kam es am Samstag leider mal wieder zu einer größeren
Schießerei in der Nähe meiner Wohnung. Grund dafür war wohl eine großangelegte
Polizeiaktion an diesem Wochenende, bei der die Favela der Mare besetzt wurde,
um auch hier eine UPP einzurichten. Jeder Riotourist, der am internationalen
Flughafen ankommt kennt die Mare, denn sie liegt auf dem Weg ins Zentrum auf
der rechten Seite der Stadtautobahn. Sie ist die letzte größere Favela, die
noch vor der WM besetzt werden musste.
Schließlich gedenkt Brasilien heute dem Militärputsch von vor 50 Jahren. Am 31.03.1964 rollten die ersten
Panzer auf Rio de Janeiro zu und besetzten Regierungsstellen. Am 01.04.1964
wurde Präsident João Goulart des Amtes enthoben. Es folgten 21 Jahre
Militärdiktatur.