„Rio – 40 Grad“ heißt ein brasilianischer Kinofilm
aus den 1950ern, der sich mit typischen Alltagszenen der Stadt beschäftigt.
Unter anderem besuchen die Hauptdarsteller auch ein Spiel von „Pengo“ im
Maracanã. Der Film wurde in der Militärdiktatur zensiert, da es in Rio nie heißer
als 39 Grad sei. Gut, gestern hatten wir auf jeden Fall 40 Grad. Statt ins
Maracanã, fuhren wir, diesmal mit Verstärkung des Bayerischen Rundfunks, nach
Nova Iguaçu, um dort die Hausherren gegen Boavista aus Saquarema zu bewundern.
Apropos typische Szenen Rios: Der Zug war knallvoll
mit Narren, die nach Osvaldo Cruz wollten, um dort Karneval zu feiern.
Normalerweise will am Sonntag niemand in die Vororte, aber die närrische Zeit
stellt eben alles auf den Kopf. Gott sei Dank erwischten wir einen Zug mit
Klimaanlage. Aber in Nova Iguaçu schlug uns die Hitze dann erbarmungslos ins
Gesicht. Das Zentrum war wie ausgestorben, aber wir fanden einen Kleinbus, der
uns (mit einem kleinen Missverständnis) zum Stadion brachte.
Nova Iguaçu ist einer der Vereine oder besser
Unternemen, die Spieler am Fließband produzieren. Ihnen sind Fans ziemlich
egal. Die paar wenigen, die sich trotzdem ins Stadion verirren sind aber sehr
nett und offen für Besucher. Ein paar Gringos mit Fotokameras in der Hand
fallen natürlich auf, wie bunte Hunde. So kommen wir schon am Eingang mit den
Auswärtsfans aus Saquarema ins Gespräch. Sie haben einen Kleinbus organisiert
und sind mit etwa 15 Mann angereist. In Nova Iguaçu angekommen wurden sie erst
mal informiert, dass es keine Tickets für Auswärtsfans gibt. Aber die
Fanklubgründerin Naniara findet die Vereinsvertreter und organisiert
Eintrittskarten.
Wir drehen eine kurze Runde über das Vereinsgelände:
Fitnessstudio, Physiotherapeut, Spielerinternat – Es gibt alles was man
braucht, um Spieler zu produzieren. Die Gebäude und Trainingsplätze sind in
hervorragendem Zustand. Beste Bedingungen, also, um zukünftige Fußballstars zu
formen.
Im Gegensatz dazu macht das Stadion einen eher
unvollkommenen Eindruck. Nur in der Gegengerade gibt es eine durchgezogene
Tribüne. Aus ihrem Ende ragen Eisenstangen, die darauf schließen lassen, dass
der Bau irgendwann unterbrochen wurde. Hinterm Tor verdeckt ein Bauzaun die
Leere. Der Höhepunkt ist die „Pressetribüne“, die eher nach einem
Behelfswassertank aussieht. Sie steht direkt in der Sonne und hat keine
Klimaanlage. Durch die tiefstehende Sonne sehen die Journalisten das Spiel kaum
und werden unter dem Wellblechdach gebraten.
Das Spiel war mal wieder fürchterlich schlecht. Ich
kann es ja auch verstehen, dass die Beine bei so einer Hitze schwer werden.
Insgesamt hat Boavista mehr Fehler (besonders der Torwart) gemacht und so
gewann Nova Iguaçu 3:0. Somit waren die 662 Zuschauer bester Laune. Es gab
sogar einen kleinen Fanblock, der sich mächtig ins Zeug legte. Ansonsten
lauschten viele Fans der Radioübertragung des parallel stattfindenden
Stadtderbys Botafogo – Fluminense (3:0).
Auf unserem Rückweg zum Bahnhof verabschiedeten sich
mehrere Fans von uns. Wir sind zu kleinen Berühmtheiten geworden.
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