Betrachtet man die prekären Verhältnisse des
brasilianischen Frauenfußballs, so kann man sich die Erfolge der
Nationalmannschaft um Marta kaum erklären. Erst vor wenigen Jahren konnte sich
der CBF durchringen eine Frauenmeisterschaft zu organisieren. Aus Finanzgründen
wird diese Meisterschaft nicht im Ligasystem, sondern im Pokalmodus
ausgetragen. So sind weniger Reisen und weniger Spieltage nötig, außerdem kann
man die ersten Runden nach regionalen Gesichtspunkten einteilen.
An diesem Wochende stand das Hinspiel im Viertelfinale
an. Rio de Janeiro hat mit CEPE aus Duque de Caxias einen sehr erfolgreichen
Vertreter in dieser Meisterschaft. 2011 wurden die Mädchen um den Trainer Edson
sogar brasilianischer Meister. Grund genug für Leda, Carol und mich den Weg
nach Xerém ins Marrentão-Stadion, am Fuß des Gebirges von Petrópolis,
einzuschlagen. Es ist fast unmöglich mit öffentlichen Verkehrsmitteln in diese
entlegene Region zu kommen. Mit dem Auto waren wir fast eine Stunde unterwegs.
Xerém ist bekannt für seine vielen Regenfälle und
tatsächlich, kurz vor der Mautstation beginnt es zu regnen. Die Station ist
natürlich so gebaut, dass einem kurz vor der Ausfahrt noch R$8 abgezwickt
werden. Von dort sind es nur noch wenige Meter durch eine schon sehr grüne
Gegend zwischen den ersten Hügeln des Gebirges zum Stadion.
Am Stadion angekommen merken wir, wie sehr der
Frauenfußball ignoriert wird, denn auf der Tribüne tummeln sich eigentlich nur
eine Hand voll Freunde und Familienangehörige der Spielerinnen und nicht einmal
die Snackbude hat geöffnet. Der Eintritt beträgt auch günstige R$5. Als wir
ankommen, sind die Spielerinnen schon auf dem Platz und grüßen die leeren
Ränge. Aber das Spiel kann nicht beginnen, denn, wie bei meinem letzten Besuch
in Xerém bei der Herrenmannschaft, fehlt auch heute der Krankenwagen. Die
Spielerinnen müssen versuchen sich im Regen warm zu halten.
CEPE ist ein kurioser Verein, denn er ist der Klub
der Fabrikarbeiter der staatlichen Ölgesellschaft Petrobras und hat sein
Gelände an der Ölrafinerie in Duque de Caxias. Das Gelände dient in erster
Linie für Freizeitaktivitäten der Mitarbeiter, wie Schwimmbad, Sauna oder
Grillen und ist nicht auf Hochleistungssport ausgerichtet. Aber der Trainer
Edson sah die Chance in diesem Ambiente eine Vorzeigemannschaft für den
Frauenfußball zu gründen.
Heute ist die Frauenabteilung von CEPE ein
Aushängeschild für Brasilien. Die Mädchen werden - zwar schlecht – aber
immerhin, bezahlt. Ein Gemisch aus Sponsorengeldern und Studienstipendien an
Sportunis ermöglicht die Finanzierung. Edson geht in ganz Brasilien auf
Talentsichtung. Die meist aus armen Verhältnissen stammenden Mädchen stehen
dann vor dem Problem einer Bleibe in Duque de Caxias. Auch dafür fand Edson
eine „Do it yourself“ Lösung: 12 Spielerinnen wohnen in seinem Haus!
Als der Krankenwagen endlich eintrifft, hört es auf
zu regnen und das Spiel kann beginnen. Leider läuft es nicht besonders gut für
CEPE. Die Gäste aus São José im Bundesstaat São Paulo sind durchgehend überlegen
und kommen noch in der ersten Halbzeit zum 0:1. In der Halbzeitpause beginnt es
wieder zu regnen und die Zuschauer flüchten sich in den Zugangstunnel, in dem
sogar eine Bank steht.
Aber pünktlich zur zweiten Halbzeit hört es wieder
auf zu regnen. São José kommt nach einem fürchterlichen Torwartfehler zum 0:2,
aber CEPE kann überraschend ausgleichen. São José mobilisiert noch einmal
zusätzliche Kräfte und erzielt schließlich das verdiente 2:3. Die Spielerinnen
nehmen es aber gelassen und kommen an den Zaun oder sogar auf die Tribüne, um
mit ihren Familien und Freunden zu plaudern.
Leda, Carol und ich nehmen das Auto, um uns wieder
auf den Weg zurück nach Rio zu machen. Für unser schon traditionelles
Abendessen haben wir diesmal die Tasca do Edgar im Stadtteil Laranjeiras,
gleich um die Ecke von Fluminense, ausgewählt. Dort gibt es eine sensationelle
Leão Veloso-Suppe aus Meeresfrüchten. Bei Edgars Rezept wird sie mit Rahm
gemacht, was der Suppe das gewisse Etwas verleiht. Danach gibt es noch
angemachten Oktopus und Garnelen-Geschnetzeltes, eine Abwandlung eines
traditionellen brasilianischen Rezeptes.
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