Zum letzten Spieltag der ersten Phase der
Riomeisterschaft hatte ich mich mit Leda und Carol beim Spiel Audax – Quissamã verabredet.
Da alle Spiele zeitgleich sein mussten, wurde die Begegnung ins Stadion von
Olaria verlegt. Ich beschloss diesmal mit dem Bus und nicht mit dem Zug zu
fahren, was aber keine wirklich gute Idee war. Erstens hält der Bus an jedem
Gartenzaun und braucht deshalb ziemlich lang, Zweitens fährt er mitten durch
die Favela Complexo do Alemão und Drittens befindet sich seine Endhaltestelle
so weit vom Stadion entfernt, dass man noch in eine andere Linie umsteigen
muss.
Trotzdem musste ich noch ein gutes Stück zu Fuß
zurücklegen. Nachdem ich diese Etappe geschafft hatte, gönnte ich mir erst einmal
schwitzend eine Guaraná-Limonade in der Stadion-Snackbar. Da ich aber schon
spät dran war, wollte ich mit der Dose in der Hand auf die Tribüne gehen, um
den Anpfiff nicht zu verpassen. Aber nichts da! Das freundliche
Sicherheitspersonal hielt mich zurück, denn meine Dose könnte ja zur Waffe
werden.
An diese Vorschriften hat man sich inzwischen bei
großen Spielen gewöhnt, aber hier bei den Provinzvereinen und wenigen hundert
Zuschauern erscheint das doch übertrieben. Inklusive habe ich den Eindruck,
dass der Verein Olaria da nicht so pingelig wäre. Aber gestern hatte Audax
Heimrecht und die haben ihre eigen Normen und eigenes Sicherheitspersonal.
Dazu muss man wissen, dass Audax - aus der Stadt São
João de Meriti in der Peripherie Rio de Janeiros - Teil der brasilianischen
Supermarktkette Pão de Açucar – Sendas – Extra ist. Es handelt sich also nicht
um einen gemeinnützigen Verein, sondern um ein Wirtschaftsunternehmen. Der Klub
existiert, um junge Talente auszubilden und meistbietend zu verkaufen.
Gleichzeitig möchte man den Synergieeffekt nutzen und für die Supermärkte
werben. Deshalb ist man um ein möglichst perfektes und cleanes Auftreten
bemüht. Das heißt, dass in Sicherheitspersonal investiert wird. Aber man pflegt
auch eine Corporate Identity mit
Maskotchen (Ich hatte auch den Eindruck, dass Nilton, der Hund, für seine Fantätigkeiten bezahlt wird.):
Rockiger Vereinshymne:
Und Werbegeschenken (In der Halbzeitpause wurde
Trikots und Schlüsselanhänger verteilt:
Audax existiert zweimal in Brasilien, denn der
Konzern besitzt auch eine Filiale in São Paulo. Dem Verein mangelt es in
keinster Weise an Geld. Aber insgesamt wirkt der Klub und das ganze Ambiente
doch schon sehr steril. In der Halbzeitpause informierten sich die Zuschauer in
der Snackbar über die Halbzeitstände der anderen Begegnungen, immerhin ging es gestern
um den Einzug ins Halbfinale.
Ich machte mich in der zweiten Halbzeit in die
Gegengerade auf, wo sich etwa 50 Fans von Quissamã verliefen. Die Stadt Quissamã
liegt im Norden des Bundesstaates Rio de Janeiro am Meer. Der Verein wird von
der Stadtverwaltung gesponsort, die auch einen Bus für die Fans gezahlt hat. So
traf ich eine kleine Percussionsgruppe, die trotz drückender Hitze unermüdlich
die Sambatrommeln bearbeiten. Daneben gab Amanda – ihr Cheerleader – Alles für
den Verein. Darum herum gesellte sich ein Trupp älterer Herrschaften, die schon
mächtig vorgeglüht hatten.
Sie sahen im Übrigen ein sehr unterhaltsames Spiel,
dass auch 3:3 oder 4:4 hätte ausgehen können. Der Zufall vernagelte aber leider
die Tore. Beide Teams gaben Alles und kamen so zu exzellenten Torchancen. Doch
immer war noch ein Pfosten oder ein Körperteil der Torwarte dazwischen. In der
Zweiten Halbzeit begannen die Spieler dann mehrfach mit dem
Schiedsrichtergespann zu streiten, was überraschender Weise zu keiner Karte
führte.
Unser geliebtes Original do Brás ist leider an
Sonntagen geschlossen, deshalb beschlossen wir in die Südzone zurückzufahren
und im Pavão Azul in Copacabana zu essen. Pavão Azul ist einer der
traditionellsten und bekanntesten Botequins Rio de Janeiros und ist trotzdem
günstig. Er bietet nur eine kleine Auswahl klassischer Gerichte an und kann
sich so ohne Experimente auf die Qualität konzentrieren. Wir bestellten
exzellente Pataniscas aus Kabeljau (so ähnlich wie Kabeljaubällchen, nur ohne
Kartoffeln in der Teigmasse), ein Garnelenrisotto (ein Klassiker der
Carioca-Küche) und Milchpudding zum Nachtisch. Hervorragend!
Ach ja: die erste Phase wird jetzt in Play-offs
entschieden. Wie erwartet haben sich die vier großen qualifiziert. Am nächsten
Samstag wird Vasco auf Fluminense und am Sonntag Flamengo auf Botafogo treffen.
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