Mit Spannung wurde das erste Derby im renovierten
Maracanã erwartet. Gestern war es mit dem Spiel Fluminense – Vasco soweit. Trotz
aller Bedenken, würde ich sagen, dass der Test bestanden wurde. Insgesamt
wollten 46.000 Zuschauer den Klassiker zwischen zwei schwächelnden Teams sehen.
Vasco ist wegen seiner Schulden schon länger in der Krise. Der Meister
Fluminense hat in der Confed-Cup-Pause wichtige Spieler, wie Wellington Nem und
Thiago Neves abgegeben. Man durfte also nicht gerade Fußball auf höchstem
Niveau erwarten.
Das Stadion wurde zügig an den Betreiber „Maracanã
AG“ übergeben, der gleich nach dem Confed-Cup Verträge mit Flamengo und
Fluminense abgeschlossen hat, die sich jetzt das Stadion teilen. Die Fans von
Flamengo werden ab sofort immer die Nordkurve nutzen und die Fans von
Fluminense die Südkurve. Das führte zu Verstimmung bei Vasco. Denn als das
Maracanã noch öffentlich war, konnte Vasco immer die Südkurve nutzen. Die
Vereinsführung rief sogar dazu auf das Spiel zu boykottieren, damit die
Eintrittsgelder nicht in die Kassen von Fluminense fliesen.
Den Fans war es egal. Die Plätze in den Kurven hinter
den Toren – deren Erlös Fluminense zukam - kosteten R$60 (€20) und waren
scheinbar ausverkauft. Die Eintrittskarten auf der Haupttribüne und Gegengerade
blieben im Besitz der Maracanã AG und kosteten R$300 (€100). Diese Bereiche
blieben leer. Die Preispolitik muss dringend überdacht werden. Aber leider
wurde schon für nächstes Wochenende angekündigt, dass beim Spiel Flamengo –
Botafogo der billigste Platz R$100 (€34) kosten wird.
Die Fans beider Seiten zeigten sich in bester Laune
und sangen ihre Lieder. Die Torcidas von Fluminense organisierten sogar eine
Choreographie. Es zeigte sich, dass das neue Maracanã eine hervorragende
Akustik hat und so war das Einlaufen der Mannschaften sehr emotional. Trotz der
neuen Sitze, blieben die Fans in den Kurven stehen. Schon unter der Woche gab
es ein Treffen zwischen Fanklubs und Polizei, bei dem der Standpunkt der
Torcidas beschlossen wurde. Wie zuvor verteilten sie sich rund um die Zugänge
im oberen Teil des Stadions. Fahnen und Perkussionsinstrumente waren erlaubt.
Ich traf meinen schwedischen Kollegen Henrik Jönnson,
der mir einen Stadionrundgang vorschlug, um herauszufinden, ob die
Garrinchabüste an der Bellinirampa noch existierte. Der Rundgang war sehr
interessant und ermüdend, denn man legt so seine Kilometer im Maracanã zurück.
Als wir an der Bellinirampe ankamen bemerkten wir, dass hier architektonisch
stark eingegriffen wurde, denn die Rampe wurde unterbrochen, um einen neuen
Eingang zu den VIP-Logen zu kreieren.
Dafür wurde auch ein neuer Rundgang
erbaut. Es gibt jetzt also ein Stockwerk mehr im Stadion. Auf den Oberrang
kommt man über zwei neue Rampen.
Als wir oben ankommen, bestätigt sich unsere
Befürchtung: die Garrinchabüste wurde entfernt. Leider konnte uns auch niemand
informieren, wo sie sich befindet.
Wir zogen weiter und versuchten, wie früher im
Rundgang des Oberrangs wieder auf die andere Seite zurückzukommen und
bemerkten, dass dies nicht mehr möglich ist. Der Rundgang wurde geschlossen, um
so die Fangruppen zu trennen.
Siehe Foto: Oben der Rundgang für die
Fluminensefans, unten der Rundgang für die Vascofans.
Über eine Rampe konnten wir dann doch das Stadion
umrunden, mussten dann aber in den fünften Stock kommen, um auf die
Pressetribüne zu gelangen. Niemand wollte uns Zugang gewähren, da sich in den
Stockwerken drei und vier die VIP-Bereiche befinden. Doch plötzlich sah ich
eine offene Brandschutztür, die zu einer Treppe führte, die uns in den fünften
Stock verhalf. Diese Tür wird wohl in Zukunft geschlossen sein.
Durch unseren Rundgang verpassten wir große Teile
des Spiels. Vasco konnte schon in der ersten Halbzeit mit 1:0 in Führung gehen.
Spielentscheidend war wohl die Rote Karte für Fred kurz danach. Zu Beginn der
zweiten Halbzeit erhöhte Vasco auf 2:0. Danach kam Fluminense aber wieder ins
Spiel und erzielte das 2:1. Als aber auch noch Digão des Feldes verwiesen wurde,
war das Spiel gelaufen. Kurz vor Schluß gelang Vasco noch das 3:1.
Henrik und ich gingen noch auf ein Bier in die
Kneipe „Dodô“ am São Salvador Platz. Wir bestellten eine hervorragende Schweinshaxe.
Das Maracanã ist nicht mehr wie früher, aber es hat den ersten echten Test
bestanden. Ich bin froh, dass die Stimmung so gut war.
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