Drei Tage nach dem Finale konnten sich die Eindrücke
dieses Confed Cups etwas setzen und ich kann mich daran machen, einen kleinen Rückblick
zu schreiben. Es ist viel passiert in den letzten zwei Wochen. Eine Bewertung
fällt wie immer sehr schwer. Ich würde vorschlagen die Analyse in verschiedene
Gesichtspunkte aufzuteilen.
Der Confed Cup ist sicherlich kein wichtiges und
sportlich wertvolles Turnier, sondern dient eher als Testlauf für die WM im
nächsten Jahr. Von daher muss die FIFA rundherum zufrieden sein mit dem Confed
Cup. Organisatorisch ist im Stadion alles bestens gelaufen. Die Stadien wurden
fertig und sind wunderschön. Es gab keine größeren Schlangen und der
Sicherheitsapparat hat funktioniert. Ich hatte in keinem Flughafen des Landes
Schwierigkeiten. Die FIFA dürfte außerdem gefreut haben, dass die Mannschaften
tatsächlich Leistung gezeigt haben und wirklich gewinnen wollten. Das Ergebnis
waren einige wunderbare Spiele auf höchstem Niveau. Genannt sei hier das 4:3
Italiens gegen Japan.
Italien war überhaupt die positive Überraschung des
Turniers. Ich kann mich nicht daran erinnern eine so toll aufspielende Azzura
gesehen zu haben. Neben den Topteams aus Europa und Südamerika wurde Tahiti,
als Vertreter Ozeaniens, zum exotischen I-Tüpfelchen. Das Ergebnis waren nicht
nur tolle Spiele, sondern auch eine Torflut. Abgeschlossen wurde das Ganze von
einem berauschenden Finale, bei dem Brasilien über sich hinauswuchs. Drei Tore,
einen Elfer, eine Rote Karte und eine der spektakulärsten Abwehraktionen der Fußballgeschichte,
durch David Luiz, ganz abgesehen von den glänzend gelaunten Fans, waren die
Zutaten. Ich hielt es auch für sehr glücklich, dass die FIFA vor jedem Spiel „Thunderstruck“
von AC-DC spielte.
Bei FIFA-Turnieren ist es so, dass man die Tickets
im Internet kauft und einen Voucher ausdruckt. Diesen muss man dann an einem
Kartenschalter gegen die Tickets eintauschen. Dabei gab es Klagen über lange Schlangen.
Es ist aber so, dass die FIFA lange vor dem Turnier verkündete, dass die
Tickets frühzeitig abgeholt werden sollten, um diese Schlangen zu vermeiden. Es
wurde also darauf hingewiesen, dass die Kassenschalter einem
Last-Minute-Ansturm nicht standhalten würden. Man kann jetzt darüber streiten,
ob man damit übereinstimmt oder nicht.
Aus meiner Sicht ist viel bedenkenswerter, dass die
Stadien zwar schön sind, aber zu Hochsicherheitstrakten wurden. Die übertriebene
Besorgnis um die Sicherheit zerstört jegliche Fankultur. Man muss früh ans Stadion
kommen, um Schlangen an der Kontrolle zu vermeiden, darf dann aber nicht zu den
eigenen Liedern singen und tanzen, sondern wird von einem brüllenden
Lautsprechersystem beschallt. Fangruppen werden wegen den Sitznummern getrennt
und größere Fanutensilien sind verboten. Das Ergebnis ist eine erschreckende
Stille in den Stadien während der Partien. Im Vergleich zu Ligaspielen sind
Länderspiele einfach langweilig.
An den Stadien gibt es keine Parkplätze, was aus
ökologischen Gesichtspunkten durchaus Sinn macht. Der Transport geschieht mit
Sonderbussen, die an improvisierten Busbahnhöfen in gewisser Entfernung der
Stadien halten. Das hat im Großen und Ganzen besser funktioniert als erwartet,
nur in Recife gab es Klagen beim Spanienspiel. Hier ist mir nicht ganz klar,
warum man nicht einfach noch eine Metro-Station am Stadion gebaut hat. Außerdem
frage ich mich, wie Menschen, die Schwierigkeiten haben, zu Fuß zu gehen, den oft
langen Weg von der Busstation bis zum Stadion zurücklegen sollen.
Das brasilianische OK ist sicherlich auch froh, dass
der erste Test bestanden wurde. Jetzt hat man schon sechs funktionstüchtige
Stadien und muss in den nächsten 12 Monaten nur noch die anderen sechs
fertigstellen. Ich habe gelesen, dass beklagt wurde, dass die Wege zwischen den
Städten sehr weit sind. Dem muss man aber entgegenhalten, dass Brasilien halt
geografisch so groß ist. Das hat man gewusst, als das Land als WM-Gastgeber
ausgesucht wurde und kann nicht geändert werden. Außerdem ist das in den USA
oder Russland nicht anders. Wie gesagt, ich hatte keine Probleme an den
Flughäfen.
Eine andere Diskussion war die fehlenden
Sprachkenntnisse der Volontärs und Ordner. Ich habe das eigentlich anders
erlebt, denn ich wurde meistens auf Englisch, manchmal sogar auf Deutsch
angesprochen. Insgesamt ist es aber richtig, dass zu viele Brasilianer kein
Englisch sprechen. Da herrscht sicherlich Nachholbedarf. Der Fan muss sich
nächstes Jahr darauf einstellen entweder mit Händen und Füßen zu reden oder
etwas Portugiesisch zu lernen.
Der große Moment dieses Confed Cups waren jedoch die
Massenproteste auf der Straße. In Rio de Janeiro standen plötzlich 300.000
Menschen auf der Avenida Presidente Vargas und füllten sie komplett. Das
Hubschrauberbild dieser Menschenmasse ist für mich das Bild des Turniers. Die
Demonstrationen erschütterten Politik, Medien und Zivilgesellschaft in ihren
Grundfesten. Die Regierung ging umgehend zu Reformmaßnahmen über, ja, es wurden
regelrecht Vorschläge durchs Parlament gewunken. Das war ziemlich spannend.
Der Schwachpunkt des Turniers war die brasilianische
Polizei, die völlig überfordert war. Ihre Strategie bestand daraus Tränengasbomben in
die Menge zu werfen, um sie zu vertreiben. So wurde kein Unterschied zwischen
friedlichen Demonstranten und Randalieren gemacht. So wurden die zuvor
friedlichen Demonstranten wütend und begannen oft auch Steine zu werfen oder öffentliche
Einrichtungen zu beschädigen. Das Ergebnis ist, dass weder die Randalier
festgenommen, noch tatsächlich die Randale unterbunden werden konnten. Der
einzige Erfolg war, dass die Stadien, und somit die FIFA-Veranstaltung,
geschützt werden konnten. Es ist tatsächlich bemerkenswert, wie
wenig die Rolle der Polizei in Brasilien diskutiert wird.
Insgesamt ist das Fazit jedoch positiv. Ich habe das
Gefühlt, dass den Brasilianern selber das Turnier gefallen hat. Sie sind mit
sich selbst im Reinen, denn sie haben nicht nur den Titel gewonnen und ihr
Organisationstalent gezeigt, sondern auch ihre Bürgerpflicht getan und für Reformen
protestiert. Deswegen ist Brasilien das Land des Fußballs, denn selbst
politische Manifestationen sind an die Nationalsportart gebunden.
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