Auch die diesjährige Libertadores-Saison neigt sich
ihrem Ende zu. Letzte Woche in Argentinien konnte ich zumindest Teile des
dramatischen Halbfinales zwischen Atlético MG und Newells aus Rosario in
Argentinien sehen. Ich war etwas überrascht, dass in Argentinien nicht jede
Kneipe und jedes Restaurant einen Fernseher hat. Gegen Ende der Partie fiel in
Belo Horizonte der Strom aus. Erst danach gelang der Heimmannschaft das 2:0,
was das Spiel ins Elfmeterschießen brachte, da Newells das Hinspiel ebenso mit
2:0 gewann. In Südamerika sind Verlängerungen unüblich.
Atlético MG hatte dann die besseren Nerven und
gewann 3:2. Für die Argentinier Anlass genug, hinter dem Stromausfall eine
Taktik zu vermuten. Parallel dazu konnte sich Olimpia (PAR) mit 2:0 und 0:1
gegen Santa Fé (KOL) durchsetzen.
Halbfinale
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Atlético MG
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0
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2 (3)
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Newells (ARG)
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2
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0 (2)
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Santa Fé (KOL)
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0
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1
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Olimpia (PAR)
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2
|
0
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Finale
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Atlético MG
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0
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Olimpia (PAR)
|
2
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Was mir in Argentinien außerdem noch aufgefallen
ist, ist, dass an jeder Ecke eine Statue eines Freiheitshelden, also eines
Libertador, steht: General San Martin, General Belgrano, General Sarmiento usw.
Brasilien hat in diesem Sinne keine Freiheitshelden. Die Unabhängigkeit wurde
von Kaiser Pedro I. ausgerufen, der sich von seinem Vater in Portugal lossagte. Später
dankte Pedro in Brasilien ab, um erneut die Krone Portugals zu akzeptieren. Es
gibt hier also keinen echten Schnitt. Im Gegensatz dazu haben aber auch andere
spanischsprachige Länder ihre Freiheitshelden, wie Bolivar (Venezuela), Artigas
(Uruguay) oder Caballero (Paraguay).
Der Name Libertadores-Pokal ist also viel mehr eine
Referenz an das spanischsprachige Amerika, als an das portugiesischsprachige.
Somit ist für Brasilianer der Kontinentalwettbewerb immer ein gefährliches Abenteuer
in fremden und unbekannten Welten.
Gestern kam es zum Finalhinspiel in Asuncion
bei Olimpia. Atlético MG musste sich wieder auf so ein Abenteuer in gefährliche
und feindliche Gefilde aufmachen. Während Atlético MG noch nie den
Libertadorespokal gewinnen konnte, ist Olimpia mit drei Titeln eine der
führenden Mannschaften. Die Heimfans brachten das dann auch in einer stolzen
Choreografie zum Ausdruck: „Der König will seinen vierten Titel!“ Irgendwann in
der ersten Halbzeit fischte Ronaldinho zwei Steine mit denen er gerade beworfen
wurde aus dem Rasen. Das Land der Libertadores ist ein heißes Pflaster für
Brasilianer.
Es scheint, dass das Ronaldinho schwer beeindruckt
hat, denn er hatte keinen guten Abend und wurde Mitte der zweiten Halbzeit
ausgewechselt. Insgesamt hatte Atlético MG mehr Ballbesitz und Raumüberlegenheit,
aber die Tore machte Olimpia. In der 22. Minute schnappte sich Alejandro Silva
den Ball, spazierte durch die gesamte Atlético-Abwehr und traf aus etwa 20 Metern
zum 1:0. Den Endstand erzielte Pittoni in der Nachspielzeit per Freistoß. Gegen
Ende des Spiels wurde auch noch Richarlyson des Feldes verwiesen. Jetzt wird es
schwer nächste Woche im Rückspiel in Belo Horizonte den Titel noch zu gewinnen –
aber es ist natürlich nicht unmöglich.
Übrigens war gestern wieder eine unruhige Nacht in
Brasilien. In Rio de Janeiro wurde gegen den Gouverneur Sergio Cabral
demonstriert, was im Stadtteil Leblon zu einem Verkehrschaos, zerbrochenen
Scheiben und Feuerbarrikaden führte. In Porto Alegre wird weiterhin jeden
Donnerstag demonstriert. Und in Belo Horizonte gehen die Menschen wegen der
hohen Eintrittspreise beim Libertadores-Finale auf die Straße. Die Zeit der
Massendemonstrationen ist vorbei. Aber es gärt weiterhin im Land.
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