Eher zufällig habe ich am Samstagmittag nochmal die
Anstoßzeit des Spiels von Madureira überprüft. Zu meinem Schrecken musste ich
feststellen, dass das Spiel kurzfristig um eine Stunde vorverlegt worden war. Also
habe ich schnell Leda und Thomas angerufen, um unsere Abfahrt ab Hauptbahnhof
vorzuziehen, und bin dann schnell losgezogen. Wir haben den Zug um 14.30h
erwischt und sind natürlich 15 Minuten zu spät gekommen. Da stand es schon 0:1
für die Gäste aus Macaé.
Manchmal muss man eine Auszeit der ersten Liga
nehmen und sich in die Niederungen der dritten Liga begeben, um wieder
traditionelle Fußballluft zu schnuppern. Die dritte brasilianische Liga wird
zweigleisig in einer Nord- und einer Südgruppe ausgetragen. Am Ende der Saison
werden die Aufsteiger dann in einem KO-System der besten vier Teams der beiden
Gruppen ermittelt. Die Nordstädter aus Madureira hatten es am Samstag mit der
Mannschaft aus Macaé zu tun gehabt.
Macaé liegt an der nördlichen Küste des
Bundesstaates Rio de Janeiro. Die Kommune kam durch große Erdölfunde zu Geld
und investiert das jetzt in seinen Fußballverein. Der Klub hat also nicht
gerade Tradition, sondern ist ein Ausbildungsverein, der sein Geld mit dem Spielerhandel
verdient. Das Rezept scheint aber aufzugehen, denn Macaé ist im Moment auf dem
zweiten Platz.
Madureira ist hingegen ein Stadtteilklub mit
Freibad, Turnhalle und sogar Frisör, der den Anwohnern dient. Man merkt diesen „Comunity-Spirit“
an jeder Ecke des Vereinsgeländes. Noch während der ersten Halbzeit begann ein
Mitglied der Vereinsführung hinter mir auf der Ehrentribüne bei einer Verletzungsunterbrechung
eine Unterhaltung mit einem Spieler von Macaé. Man ist so nah am Spielfeld,
dass beide sich tatsächlich gehört haben. Auch sonst sind die „üblichen
Verdächtigen“ auf der Tribüne, wie zum Beispiel Tante Raquel, die, wie immer,
ihren Saft verkauft.
Die Szene des Spiels war, als ein Feldspieler von Macaé
auf der Torlinie einen Schuss von Madureira mit der Hand abwehrte. Logische Folge:
Rote Karte und Elfmeter, der von Daniel da Silva verwehrtet wurde. Somit gingen
die Mannschaften mit 1:1 Unentschieden in die Pause. Wer erwartet hatte, dass
Madureira jetzt auf den Siegtreffer drängen würde, sah sich getäuscht. Kurz
nach Wiederanpfiff kam Macaé zum erneuten Führungstreffer. Madureiras Abwehr
sah dabei schlecht aus und im Angriff kam auch nichts Konstruktives zu Stande. Somit
war ein Freistoß nötig, um 5 Minuten vor Schluss doch noch den Ausgleich zu
erzielen. Madureira befindet sich noch im sicheren Mittelfeld, muss aber
aufpassen, dass man nicht in den Abstiegskampf rutscht. Die Fans waren auf
jeden Fall unzufrieden.
Wir beschlossen noch einen kurzen Bummel über die
angrenzende Markthalle zu machen und ein paar afro-brasilianische
Religionsgegenstände zu bewundern. Gott sei Dank haben wir auch eine Bierbude
gefunden. Es ist immer wieder schön in Madureira.
Von dort nahmen wir den Zug zurück in die Südzone,
um in Flamengo eines der besten Botequins Rio de Janeiros zu besuchen: das
Lamas. Mario Filho beschreibt schon in seinen Büchern, dass dort die
Mannschaften der ersten Fußballjahrzehnte Brasiliens ihre Siege gefeiert haben.
Wir bestellten erst mal eine Portion frittierte Zwiebeln und dann ein Garnelenrisotto.
Ich weiß nicht was der Koch macht, aber sein Risotto ist einfach besser als in
anderen Wirtschaften. Ich finde auch die Kellner mit ihren weißen Sakkos und
den Fliegen super. Was für ein schöner Fußballtag!
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