Vor dem Confed Cup war die Vergabe des Maracanã an
einen Betreiber noch nicht geklärt, deshalb wurden mehrere Spiele in anderen
Städten angesetzt. Das Duell zwischen Flamengo Rio de Janeiro, dem Verein mit
der größten Fanmasse Brasiliens, und dem frischgebackenen Libertadoressieger
Atletico-MG ist eines dieser Spiele. Es wurde in das Nationalstadion nach
Brasilia verlegt. Ich verweilte dieses Wochende wegen einem Kongress für
Sportwissenschaften in Brasilia und hatte so die Gelegenheit das Spiel zu
sehen.
Es war ziemlich heiß und unglaublich trocken in
Brasiliens Hauptstadt. Man musste ständig etwas trinken und Schatten suchen.
Die Einheimischen sind an dieses Klima gewöhnt und so kamen 32.000 Zahlende zum
Spiel. Damit ist das Nationalstadion aber nicht einmal zur Hälfte gefüllt. Das
neue WM-Stadion ist ein architektonisches Meisterstück und aus meiner Sicht das
schönste des kommenden Weltturniers. Schon vom Flugzeug aus sieht man es, da es
bei weitem das größte Gebäude der Stadt ist. Aber das große Problem ist, dass
Brasilia keinen Fußballverein hat und somit das große Risiko existiert, dass
das Nationalstadion leer stehen und nur Kosten verursachen wird.
War ich nach dem Derby Fluminense – Vasco im Maracanã
noch relativ euphorisch, was die Stimmung angeht, so muss ich diesen Eindruck in
Brasilia relativieren. Vor dem Spiel wurde jeder Fangesang mit der potenten
Lautsprecheranlage niedergewalzt. Es gibt nur diese albernen Spielchen, bei
denen Fans auf der Leinwand gezeigt werden, die dann überschwänglich winken. Auch
während des Spiels kam keine Stimmung auf. Die wichtigsten Torcidas Organizadas
(Raça Rubro-Negra von Flamengo und Galoucura von Atlético MG) waren sogar
anwesend und die Akkustik des Stadions ist sehr gut. Trotzdem wurde wenig
gesungen.
Was sind die Gründe dafür? Schwierig zu sagen. Es
könnte sein, dass die neuen Stadien doch sehr kühl sind und eher an ein
Shopping-Center erinnern. Außerdem war das Spiel bei weitem nicht ausverkauft.
Schließlich könnte es auch sein, dass das Publikum in Brasilia nicht an Fußball
gewöhnt ist. Ganz abgesehen davon, dass die beiden Vereine nicht aus der Stadt
sind. Aber Brasilia ist eine Einwanderer-Stadt, in der es auch viele Bewohner
aus Rio oder Belo Horizonte gibt, die Fans der beiden Vereine sind.
Betrachtet man den aktuellen Zuschauerschnitt der
brasilianischen Meisterschaft, so kann man insgesamt gesehen eine positive
Entwicklung beobachten. Im Schnitt wurden die Spiele bis zum 11. Spieltag von
knapp 20.000 Fans gesehen. Sollte dieser Schnitt bis zum Saisonende halten, dann
wäre dies das beste Ergebnis seit 26 Jahren. Der Journalist Juca Kfouri hat
sich sogar die Mühe gemacht nur die WM-Stadien herauszusuchen. Dort beträgt der
Zuschauerschnitt sogar knapp 30.000, was die brasilianische Liga weltweit auf
den dritten Platz hinter Deutschland und England katapultieren würde.
Das Ergebnis des Spiels ist auf den ersten Blick
sicherlich überraschend. Der Libertadoressieger verliert 0:3 gegen ein Team aus
dem Tabellenkeller. Schon nach einer Viertelstunde stand es 2:0 für Flamengo.
Scheinbar waren die Spieler von Atlético-MG noch müde oder einfach unmotiviert
nach dem großen Sieg. Aus der Stammelf wurden die Stars Ronaldinho, Jô und
Bernard geschont. Immerhin stand mit Josué ein alter Bekannter aus Wolfsburg
auf dem Platz. In der zweiten Halbzeit nahm Atlético-MG das Heft in die Hand
und versuchte das Ergebnis noch zu verbessern. Aber es half nichts. In der 75.
Minute schoss Paulinho das 3:0 für Flamengo.
Damit sind jetzt die Cariocas Flamengo, Fluminense
und Vasco Tabellennachbarn im Mittelfeld. Die einzige Mannschaft aus Rio, die
für positive Schlagzeilen sorgt ist Botafogo. Sie konnte am Sonntag die
Tabellenspitze übernehmen. Richtig enttäuschend stehen aber die Favouriten Atlético-MG,
São Paulo FC und Santos da.
Apropos Santos: Am Freitag gewann Barcelona mit sage
und schreibe 8:0 gegen Santos, als Teil der Ablöse von Neymar. Für Brasilien
ist das ein Schock, denn es verdeutlicht die niedrige Qualität seiner Klubs.
Nachdem Bayern 4:0 gegen Barça gewonnen hat, macht man nun schon die Rechnung:
würde Santos 32:0 gegen Bayern verlieren?
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