Einem jeden Rio-Besucher kann ich nur empfehlen eine
Sambaschule zu besuchen. Das ist ein unglaubliches Erlebnis. Gestern hat die
Torcida Organizada Botachopp , eine Ultragruppierung von Botafogo, zu ihrer
alljährlichen Party die Sambaschule Caprichosos im Stadtteil Pilares
angemietet.
Eine Sambaschule dient nicht zum Samba lernen
sondern es handelt sich um eine Halle, die die nötige Infrastruktur für eine
Großparty bietet, also Grill, Getränkeverkauf, Musik, Tanzfläche, Toiletten.
Die Caprichosos liegt gleich an der Straße gegenüber vom Bahnhof Pilares in der
Nordzone Rio de Janeiros. Sie wurde in den Freiraum unter eine Straßenbrücke
gebaut. Ich komme dort mit meinem schwedischen Kollegen Henrik gegen Mittag an
und kaufe an einem der Kassenlöcher ein Hemd für R$50, das als Eintrittskarte
gilt.
Mit dem Hemd bewaffnet gehen wir durch die Drehtüren
und werden vom Sicherheitspersonal auf Waffen untersucht. Wir sind drin und
holen uns erst ein Mal ein Bier. Dann stellen wir uns in der Schlange am Grill
an und bereiten uns einen Teller mit frischgegrilltem Fleisch und Wurst.
In dem Saal drängen sich schon über hundert
Botafogofans. In der Mitte wurde eine Bühneninsel errichtet, auf der eine
Sambaband spielt. Aber am linken Ende der Halle gibt es eine große Bühne für
die Percussionsgruppe der Sambaschule, die auch einen Auftritt hat. Das ist
ziemlich beeindruckend:
Auf der
Rückseite befinden sich mehrere abgetrennte Logen für geladene Gäste. In der
größten treffen wir einige ehemaligen Spieler von Botafogo wie den Weltmeister
Jairzinho, Gonçalves und Maurício. Daneben haben einige befreundete Fanclubs
von Botafogo Logen bekommen. Die Jungs laden uns ein, denn sie finden es super,
dass ein paar Ausländer sich für Botafogo interessieren. Man stellt mit Eis und
Bierdosen gefüllte Eimer auf den Tisch, um immer ein eisgekühltes Bier
griffbereit zu haben. Es ist für alle Altersklassen was geboten, sogar für den
Nachwuchs, für den eine Hüpfburg aufgebaut wurde.
Henrik will noch unbedingt mit dem Präsidenten der
Botachopp Paulinho sprechen. Als wir ihn endlich treffen ist er aber zu
betrunken, um noch irgendwas Ernsthaftes zu sagen. Er umarmt uns nur und erklärt
wie sehr er Botafogo und die Welt an sich liebt. Dann zeigt er uns seinen
Organspenderausweiß. Im jetzigen Zustand würde der Organspender aber sofort mit
betrunken werden. Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist. Insgesamt ist die
ganze Veranstaltung eine exzellente Saufparty.
Uns hat es gefallen, aber wir müssen die Heimreise
antreten. So gehen wir zurück zum Bahnhof und nehmen den Zug zum Hauptbahnhof. Während
der Fahrt kommt eine Gruppe von Jungs ins Abteil und erspäht die Ausländer mit
den Botafogoshirts. Sie versammeln sich um uns und beginnen verschiedene
hervorragende Lieder zu singen. Sie beklagen, dass sie kein Geld haben, um auf
die Party oder ins Stadion zu gehen. Ja, die Jungs fehlen im Stadion, denn sie
sind zwar noch jung, aber sie können schon die Lieder. Seht selbst:
Im übrigen
Botafogo könnte mit „Brandstifter“ übersetzt werden, somit ist Botachopp der „Schoppenstifter“
oder „Bierstifter“. Man könnte den Namen auch mit „Füll den Krug“ übersetzen.
Das brasilianische Wort Chopp hat seine Wurzeln tatsächlich im deutschen Wort
Schoppen. Es wurde von deutschen Migranten nach Brasilien gebracht.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen