Diese Woche war ich auf einem Seminar zum Thema
Sportgroßereignisse, dass von Geografen organisiert wurde. Ich fand die
Veranstaltung interessant und wollte einige Informationen zusammenfassen.
Zunächst gab es ein eher allgemeines Panel bei dem der Geograf Chris Gaffney
grundsätzliche Daten zur WM in Brasilien aufführte. Dabei zeigte er, wie sich
brasilianische Fußballvereine finanzieren, wie die Eintrittsgelder in den
letzten Jahren in die Höhe geschnellt sind und wie sich die Stadionbauten
verteuerten:
Im Anschluß stellte sich der Sportjournalist Juca Kfouri
die Frage, warum sich Menschen, die in den 1970er Jahren gegen die
Militärdiktatur gekämpft haben, wie Lula und Dilma, jetzt mit Mitgliedern
dieser Diktatur, wie Marin abbilden lassen. Juca erzählte von einem Treffen mit
Lula, bei dem der ehemalige Präsident zu verstehen gab, dass dies
Verpflichtungen des Amtes wären.
Am Nachmittag gab es einen sehr interessanten runden
Tisch, bei dem Vertreter aus allen 12 WM-Städten anwesend waren und
berichteten. Zusammenfassend sind mir folgende Punkte aufgefallen:
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In allen Städten wird in erster Linie in
ein neues Stadion, in Straßen, oft eine Straßenbahn und den Flughafen
investiert.
-
Diese Infrastrukturmaßnahmen
konzentrieren sich meist auf reiche Stadtteile und führen vom Flughafen, über
eine Hotelgegend zum Stadion.
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Meist waren die Projekte schon vor der
WM-Vergabe geplant.
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Die Teilnehmer berichteten von über
20.000 Zwangsenteignungen.
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In allen Städten übersteigen die Kosten
bei weitem den ursprünglichen Kostenvoranschlag.
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Es wird nicht wirklich in den Tourismus
investiert.
Ich finde den letzten Punkt sehr interessant, denn es ist
mir schon aufgefallen, dass man eigentlich vor Reisen nach Brasilien zur WM
warnen muss. Brasilien ist teuer geworden. Zur WM werden regelrecht
Wucherpreise in Hotels und für Flüge verlangt. Es gibt auch keine Alternative,
denn man kann die Entfernungen von tausenden von Kilometern kaum mit dem Auto
oder Bus bewältigen. Brasilien denkt überhaupt nicht an fanfreundliche Angebote
wie ein Weltmeisterticket der Bahn oder Fancamps, wie es sie 2006 gab. Man
erwartet den reichen Touristen, der zahlen kann.
Das hat Konsequenzen für die lokale Bevölkerung, die sich
darauf freuen würde ein paar Cents mit den Touristen zu verdienen. Denn ihre
Angebote werden sie in den 5-Sterne Hotels nicht anbringen können. Es werden
also wieder nur die Reichen etwas verdienen.
Würde man in eine dringend notwendige allgemeine
Tourismusinfrastruktur investieren, dann könnten auch die kleineren Anbieter
von so einem Event profitieren. Dazu wurden zwei sehr unterschiedliche
Beispiele gezeigt. Zum einen zeigte die Vertreterin aus Cuiabá, dass keinerlei
Verbesserungen an den Straßen in das Sumpfgebiet Pantanal durchgeführt wurden.
Die Stadt investiert nicht wirklich in ihr touristisches Potential. Dabei war
genau das das Argument, um Cuiabá als WM-Stadt aufzunehmen.
Auf der anderen Seite zeigte die Vertreterin aus São
Paulo, dass die Stadt schon ein riesiges Tourismusaufkommen hat und zwar mit
Events, bei der über eine Millionen Besucher erwartet werden. Zur WM rechnet
man nur mit etwa 500.000 Besuchern. Für São Paulo sind also die WM-Touristen
unerheblich. Wahrscheinlich würden sogar mehr Besucher kommen, wenn keine WM
wäre - ein schon mehrfach beobachtetes Phänomen bei anderen Sportgroßereignissen.
Das Seminar endete mit einigen Professoren aus
Deutschland, Südafrika und England, um über internationale Erfahrungen zu
sprechen. Der Südafrikaner Chris Bolsman kritisierte dabei die Fanfeste und den
Bau eines Hochgeschwindigkeitszuges. Letztere wäre nur für die Reichen und die
Fanfeste wären überwachte Räume, um die Bevölkerung zu kontrollieren. Das ist
erst einmal überraschend, denn Züge gelten in Deutschland meist als die
umweltfreundlichere und günstigere Option und auch die Fanfeste galten als
Errungenschaft. Endlich würden Fans ohne Eintrittskarten nicht mehr als der
gefährliche Feind gesehen werden, sondern als willkommener Gast. Das war eine
positive Änderung. Für mich heißt das, dass Megaevents in verschiedenen
Ländern, verschiedene Wirkungen haben.
Das zeigt aber auch, dass es nicht nur innerhalb der
Gesellschaften eine soziale Ungleichheit gibt, sondern auch zwischen den
Ländern. Brasilien muss sich ständig rechtfertigen, dass es eine WM ausrichten
kann. Ähnlich erging es Südafrika. Man steckt in dem Dilemma, dass man
Missstände natürlich kritisieren will, aber Länder auch nicht herab lässig
behandeln will.
Schließlich zeigte Chris Bolsman die Originalversion von
Wacka-Wacka einer Kameruner Band. Kannte ich auch noch nicht.
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