Ich bin heute in Brasília
angekommen. Damit beginnt für mich das Abenteuer Confed-Cup. Ich werde noch
Belo Horizonte, Salvador und Recife besuchen. Doch erstmal zur Einstimmung ein
paar Infos zu Brasiliens Hauptstadt, in der am Samstag das Eröffnungsspiel
zwischen Brasilien und Japan stattfinden wird.
Die Stadt
Schon in der brasilianischen
Verfassung von 1891 war verankert worden, dass die brasilianische Hauptstadt
von Rio de Janeiro in das strukturschwache Höhenland von Goiás verlegt werden
sollte. Dieses Vorhaben wurde aber erst ab 1956 unter Präsident Juscelino
Kubitschek auch verwirklicht. So entstand in einer fast tausend Kilometer von
Rio de Janeiro entfernten Savannenlandschaft quasi aus dem Nichts die neue
Hauptstadt Brasília. Der verantwortliche Städtebauer Lúcio Costa hatte sich mit
seinem an ein Flugzeug erinnernden Grundriss („Plano Piloto“) in der
Ausschreibung durchgesetzt. Die bauliche Leitung und das Design der wichtigsten
Gebäude übernahm Oscar Niemeyer.
Brasilia wird von zwei
Autobahnachsen strukturiert, die sich im Zentrum kreuzen. An der Nord-Südachse
befinden sich die Botschaften und die Wohngebäude, die in Superquadrate
eingeteilt sind. Es gibt keine Straßennamen. An der dazu kreuzenden
Monumentalachse befinden sich neben dem Regierungsviertel mit
Präsidentenpalast, Ministerien, Parlament und Justizpalast auch eine Reihe von
kulturellen Sehenswürdigkeiten wie Museen, Theater, Bibliothek sowie das neue
Nationalstadion.
Direkt an der Kreuzung der
beiden Achsen wurde der Stadtbahnhof in Sichtweite des Parlaments gebaut. Von
dort werden die Service- und Arbeitskräfte mit Bussen und U-Bahnen in die
außerhalb des Plano Piloto liegenden Vororte gebracht. Ironischerweise führte
ausgerechnet das Werk der beiden linksgerichteten Idealisten Niemeyer und
Costa, die die Idee des friedlichen Zusammenlebens propagierten, damit zur
striktesten Klassentrennung in Brasilien.
Wer das Privileg genießt, in
den Apartments des Plano Piloto zu wohnen, kann mit einer hohen Lebensqualität
rechnen. Weiträumige Grünanlagen und eine perfekte Verteilung von
Freizeitangeboten dominieren das Bild. Jedes Gebäude folgt dem einheitlichen
und atemberaubenden 1960er-Jahre-Design der Stadt. Dennoch wirkt die auf dem
Reißbrett entstandene Stadt kalt und leblos. Ein Grund dafür ist, dass im Plano
Piloto nahezu ausschließlich Politiker, ihre Mitarbeiter sowie andere gut
verdienende Staatsdiener wohnen, die das Wochenende meistens in ihren
Heimatstädten verbringen.
Gemeinsam mit der noch jungen
Geschichte der Stadt ist dies der Grund, warum es in Brasilia noch keine
traditionelle lokale Küche gibt sondern man lediglich Restaurants findet, die
Spezialitäten aus den verschiedenen Regionen Brasiliens und der ganzen Welt
anbieten.
Der Fußball
Ähnliches gilt auch für den
Fußball: ein Abgeordneter aus Rio unterstützt vermutlich eher Fluminense, Flamengo oder ein anderes
Team aus Rio, als eine Mannschaft aus Brasília. Erst 1975 wurde mit Gama aus dem
gleichnamigen Vorort der bisher erfolgreichste Hauptstadtklub gegründet. Von
1999 bis 2003 spielten die Grün-Weißen sogar in der erste Liga. Seitdem ging es
aber stetig bergab, und 2012 spielte Gama lediglich in der vierten Liga.
Der Niedergang des Klubs ging einher mit
dem kometenhaften Aufstieg des 2000 im Vorort Taguatinga gegründeten Klubs Brasiliense. Luís Estêvão,
ein ehemaliger Senator und Besitzer eines Wirtschaftsunternehmens gründete den
Verein als Investitionsanlage und führt ihn auch als Präsident. Größter Erfolg
war bislang ein Jahr in der ersten nationalen Liga (2005).
Sowohl Gama als auch Brasiliense besitzen kleine
Stadien in den Vororten, die ihrem Zuschauerschnitt von 4.000 Fans pro Spiel
angemessen sind. Es ist daher fraglich, ob sie das neue Nationalstadion mit
70.000 Plätzen jemals werden nutzen können, zumal Brasília weder Fußballkultur
noch lokale Fangemeinde aufweist. Im Gegenteil - beide Mannschaften klagen, sie
hätten praktisch nur Auswärtsspiele, da die meisten Zuschauer die Gästeteams
anfeuern. Auch wenn das Nationalstadion an der Monumentalachse wohl ein sehr
schönes architektonisches Design bekommen wird, wird es zunächst leider wohl
meistens leer stehen.
Sociedade
Esportiva do Gama
Gegründet:
15. November 1975
Trikots: grüne Hemden, weiße
Hosen
Titel:
Staatsmeisterschaft: 10 Mal
Wichtige Spieler: Roldão,
Fantato, Cleiton, Tico
Internet: www.segama.com.br
Brasiliense Futebol Clube
Gegründet: 1. August 2000
Trikots: gelb-weiße Hemden,
gelbe Hosen
Titel:
Staatsmeisterschaft: 7 Mal
Wichtige Spieler: Deda,
Pituca, Val Baiano, Iranildo
Internet: www.brasiliensefc.com.br
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