So jetzt bin ich wieder zurück in der warmen Sonne
Rio de Janeiros. Schon im Flugzeug begleiteten mich mehrere Brasilienfans und eine
finnische Heavy Metal Band. Sonntagnachmittag stand das Freundschaftsspiel
Brasilien – England an, um das Maracanã offiziell einzuweihen. Es handelt sich
um die letzte Feinabstimmung vor dem Confed Cup und so wurde auch
organisatorisch ein Testlauf gemacht. Am Donnerstag entschied aber erst mal
eine Richterin, die Durchführung des Spiels, aus angeblichen
Sicherheitsmängeln, zu verbieten. Diese Entscheidung wurde natürlich umgehend
wieder gekippt. Es erinnert ein wenig an die Panikmache von Stiftung Warentest vor
der WM 2006.
Für das Spiel wurde das Verkehrsleitsystem rund um
das Maracanã komplett umgestellt. Alle angrenzenden Straßen wurden gesperrt und
mit Parkverbot belegt. Schon ab den angrenzenden U-Bahnstationen wurden
Wegweißer und Volontärs installiert. Die Brasilianer werden darauf eingestimmt,
was sie bei der WM erwartet.
Da ich noch meine Akkreditierung abholen musste und
das kann bei solchen Events dauern, kam ich schon etwa zwei Stunden vor dem
Spiel an. Es war schon viel los. Lustig sind bei Länderspielen die vielen
verkleideten Fans, die um die Aufmerksamkeit der Kameras buhlen. Nur eine
einzelne Person protestiert gegen die Spiele. Aber der große Teil der Zuschauer
bei einem Länderspiel Brasiliens kommt aus der Mittel- und Oberschicht und
reist oft in organisierten Touren an. Von der lebendigen Fankultur der normalen
Ligaspiele ist da wenig zu sehen.
Die Akkreditierung erfolgt, wie bei WMs, mit Passkontrolle,
Lichtbild und Ausweißanfertigung. So bewaffnet gehe ich zum Presseeingang, an
dem alle Taschen, wie am Flughafen, durch Röntgenstrahlen untersucht und Metalldetektoren
aufgestellt wurden. Normale Zuschauer mussten ein ähnliches Prozedere über sich
ergehen lassen. Wie bei WMs durchliefen sie den dreistufigen Zugang: 1. Nur Eintrittskarte
vorzeigen, 2. Sicherheitskontrolle (es gab extra Eingänge für Personen mit
großen Taschen) und 3. Kartenkontrolle. Das klappte anscheinend ganz gut.
Übrigens: das Stadion ist architektonisch sehr schön
und so gut wie fertig. Selbst die Anfahrtswege sahen sehr gut aus. Man könnte
jetzt alle Toiletten durchsuchen, ob jetzt auch überall Papier ist, aber das
halte ich für übertrieben. Die Pressetribüne ist riesig und wir bekamen
Platzkarten zugewiesen.
So ein Länderspiel ist auch immer ein Stelldichein
der Prominenz. Ich sah den Ex-Präsidenten Fernando Henrique Cardoso mit dem
zukünftigen Präsidentschaftskandidaten seiner Partei Aécio Neves. Außerdem
erkannte ich den CBF-Präsidenten Jose Maria Marin, seinen Stellvertreter Marco
Polo del Nero, den Vizegoverneur von Rio de Janeiro Pezão, den Governeur von
Brasilia Agnelo Queiroz, Ronaldo und den Marqueteiro Washington Olivetto. Angeblich
war das Spiel mit 66.000 Zuschauern ausverkauft, aber wie so oft tun sich, gerade
in der Gegengerade, Lücken auf.
Die Fans aus England bekamen einen eigenen Block und
hängten wie so oft ihre Fähnchen im ganzen Stadion auf. Das neue Stadion hat
ein potentes Soundsystem, dass jegliche Fanmanifestation platt drückt. Als dann
das Spiel endlich begann trat plötzlich eine bedrückende Stille ein. Das liegt
auch daran, dass das Publikum der Seleção einfach keine Lieder kennt, außer „Brasil,
Brasil“ und „Sou brasileiro com muito orgulho e muito amor“. Wenn sich dann die
Engländer manifestierten, fiel den Brasilianern nichts Besseres ein, als zu
buhen. Ganz entgegen des landläufigen Vorurteils, ist das brasilianische
Publikum ganz und gar nicht feurig und emotional.
Das Spiel war ziemlich schlecht. Die Engländer
praktizierten eine doppelte Viererabwehrkette und zeigten sich von einer
schlechten Seite. Das eigentlich Bedenkliche für Brasilien ist, dass sie nicht einmal
diese schlechte englische Mannschaft bezwingen konnten. In der zweiten Halbzeit
erzielte zunächst Fred das 1:0 per Abstauber, dann gelang es den Engländer völlig
überraschend das Spiel zu drehen. Rooneys Tor war ziemlich Klasse. Zum Schluß
konnte Paulinho dann doch noch für die Hausherren ausgleichen und das Maracanã
wurde gelb und grün beleuchtet.
Damit hat Nationaltrainer Felipão jetzt in sechs
Spielen nur einmal gewonnen, einmal verloren und viermal unentschieden
gespielt. Dreimal hieß das Ergebnis 2:2. Dafür hätte man auch Mano Menezes behalten
können. Organisatorisch war das Testspiel ein Erfolg, die Architektur wurde
auch positiv benotet. Die Mannschaft muss aber erst noch zu sich finden und die
Fans sind ein Bluff. Die sollten mal Gesangsstunden nehmen.
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