Samstag, 10. November 2012

Duque de Caxias – Icasa, 0:0



Dieses Wochenende finden die entscheidenden Viertelfinalspiele der dritten Liga statt. Die vier Sieger steigen in die zweite Liga auf. Schon gestern Abend spielte ein Vertreter aus Rio de Janeiro, der Duque de Caxias FC, gegen Icasa aus Juazeiro do Norte in Ceará. Das Hinspiel konnte Icasa 2:1 gewinnen und so benötigte Duque de Caxias einen 1:0 Sieg, um aufzusteigen.
Duque de Caxias FC wurde 2005 in der gleichnamigen Stadt in der Peripherie Rio de Janeiros gegründet. Duque de Caxias hat heute etwa 850.000 Einwohner und stützt seine Wirtschaft auf die lokale Gasraffinerie der Petrobras. Der Verein ist kein Klub mit Mitgliederverzeichnis im traditionellen Sinn, sondern ein Unternehmen, das von einer Gruppe von Anteilseigentümern geleitet wird. Einer der Gründer und Besitzer ist der ehemalige Bürgermeister von Duque de Caxias Washington Reis.
Der Verein existiert nicht, um eine Fanmasse anzusprechen, sondern um Spieler auszubilden und möglichst gewinnbringend ins Ausland zu verkaufen. Deswegen konnte man es sich leisten sein Stadion in dem Dorf Xerém am Fuße des Gebirges von Petrópolis zu errichten. Dort ist es so unzugänglich, dass man überhaupt nicht mit einem großen Zuschauerstrom rechnet.
Den beschwerlichen Weg erlebten gestern mein Kollege Lugui und ich an eigener Haut. An Freitagabenden sind die Stadtautobahnen Rio de Janeiros immer sehr verstopft, da sich zum normalen Verkehr auch die Wochenendpendler gesellen, also machten wir uns um kurz nach vier auf den Weg. Doch schon ab der Autobahnauffahrt standen wir im Stau. Wir quälen uns am Flughafen vorbei, durch Duque de Caxias bis nach Xerém. Zu allem Überfluss begann es aus Kübeln zu schütten. An der Auffahrt nach Petrópolis nehmen wir die Ausfahrt und kommen um 19.15h endlich an: Drei Stunden Fahrt!


Das Spiel sollte eigentlich schon eine viertel Stunde laufen. Aber am Eingang wurden wir informiert, dass das Spiel noch nicht begonnen hat, da die Sanitäter noch nicht angekommen waren. Lugui stellte sich in die Schlange am einzigen Kassenhäuschen, um eine sozialverträgliche Eintrittskarte für R$4 (etwas mehr als €1) zu erstehen. Die Veranstalter waren eindeutig nicht auf den großen Ansturm von etwas über 1.000 Zuschauern eingestellt und so kam Lugui erst kurz nach Anpfiff um 19.00h auf der Tribüne an.
Ich hatte das Gefühl, dass sich der der Großteil der anwesenden Fans kennt. Es handelte sich um Nachbarn aus Xerém, die eigentlich Anhänger eines der großen Teams aus Rio sind, aber heute den lokalen Klub in der dritten Liga unterstützen. Man sah Fans von Fluminense und Flamengo einträchtig nebeneinander sitzen. Auf der Gegengerade gab es aber tatsächlich auch eine kleine Torcida Organizada, die mit Konfetti, Trommeln und Gesängen mächtig auf sich aufmerksam machte. Auch sie bekamen Unterstützung von den Fanklubs von Bangu und Bonsucceso, andere kleine Klubs aus den Vororten Rios. „Das ist heute das Treffen des Alternativfußballs.“, kommentierte Lugui die Situation.


Ich drehte meine Runde im Stadion, um Fotos zu machen. Auf den Toiletten traf ich den Trainer der Meistermannschaft von Flamengo aus dem Jahr 2009 Andrade. Auf der Ehrentribüne erspähte ich den Ex-Bürgermeister Washington Reis. Schließlich traf ich noch auf der Haupttribüne das Trainergespann der Frauenmannschaft von Duque de Caxias Edson und Luiz, die ich vor einiger Zeit für mein Buch interviewt habe. „Die lokale Prominenz ist hier versammelt.“, dachte ich mir.
Ganz hinten auf der Tribüne stoße ich auf fünf Fans in grünen Trikots von Icasa. „Wir sind Mittwoch mit dem Bus losgefahren, um die 36 Stunden von Juazeiro do Norte bis Rio de Janeiro zu bewältigen.“, erklärte mir Luizinho. Ich bin beeindruckt und hege Sympathien für das Gästeteam. Ich bezweifle, dass jemand aus Duque de Caxias das gleiche getan hätte. Icasa bedeutet „Indústria e Comércio de Algodão AS” (Industrie und Handel von Baumwolle AG). Der Besitzer dieses Unternehmens hat den Verein 2002 gegründet.


Das Stadion wurde 2007 erbaut und fasst 7.000 Zuschauer. Es wurde offiziell nach dem Goalgetter Romário benannt, erhielt aber im Volksmund den Namen „Marrentão“. Das relativ neue Stadion besitzt nur Tribünen auf den Längsseiten des Platzes und nicht hinter den Toren. Es wurden schon Stützsäulen für eine modern wirkende Überdachung angebracht, aber der Bau nicht vollendet. Gott sei Dank hat es aufgehört zu regnen! Aber der Platz ist durchtränkt und wurde zu einem fast unbespielbaren Acker.
Duque de Caxias drängte 90 Minuten lang auf den Siegtreffer und hatte mehr Spielanteile. Aber insgesamt waren die Aktionen zu unkonzentriert und der schlechte Platz machte einen geplanten Spielaufbau unmöglich. Icasa konzentrierte sich darauf das Ergebis zu halten. In der 80. Minute sah Icasas Torwart die Rote Karte für Zeitspiel, was nochmal fünf Minuten kostete. Aber selbst in Unterzahl war Icasa einfach viel konzentrierter und cleverer. So bleibt es beim 0:0 und Luizinho konnte mit seinem Team den Aufstieg feiern.  Das versüßt die Rückfahrt.
Lugui und ich traten auch die Fahrt nach Rio an, vorbei am Internat und Trainingsgelände von Fluminense. Xerém ist eine Art Fußballpol, denn es gibt auch noch den Verein Tigres, dessen Stadion Los Larios sogar größer als das von Duque de Caxias ist. Beide Vereine und das Internat von Fluminense dienen zur Spielerausbildung. Die Klubs suchten billiges Bauland, um perfekte Trainingseinrichtungen zu erbauen. Die Vereine finanzieren sich dann über den Verkauf dieser Spieler.
Inzwischen hatten wir fast 22.00 Uhr. Die Straßen waren frei und es gab keinen Stau mehr. In einer knappen Stunde Fahrt waren wir zurück. So schnell könnte es gehen. Bisher sind Chapecoense, Icasa und Paysandu aufgestiegen. Das Spiel zwischen Fortaleza und Oeste steht noch an.


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