Donnerstag, 20. September 2012

Brasilien – Argentinien, 2:1, Stadion Serra Dourada, Goiânia



Der argentinische Präsident Julio Roca lobte im Jahr 1913 einen Pokal aus, um den die Nationalmannschaften von Argentinien und Brasilien jährlich spielen sollten. Das erste Aufeinandertreffen fand aber erst am 27. September 1914 statt und wurde von Brasilien 0:1 gewonnen. Damit war der Superclassico Amerikas geboren. Für Brasilien war es eines der ersten offiziellen Länderspiele, denn der nationale Verband war erst im Juli desselben Jahres gegründet worden.
Die Copa Roca wurde von da an in unregelmäßigen Abständen elf Mal bis 1976 ausgetragen und dann für 35 Jahre ignoriert. Erst 2011 erinnerten sich die Fußballverbände beider Länder des Pokals und nahmen die Tradition wieder auf. Letztes Jahr sicherte sich Brasilien die Trophäe mit 0:0 im Hin- und 2:0 im Rückspiel. Somit sannen die Argentinier in der diesjährigen Ausgabe, die heute im brasilianischen  Goiânia ihren Auftakt fand, auf Revanche.
Normalerweise wird die brasilianische Meisterschaft nicht wegen Länderspielen unterbrochen, aber heute war das anders. Interessant ist auch, dass die Verbände vereinbart haben, dass nur Spieler, die im eigenen Land aktiv sind, berufen werden können. Das gab den Trainern Mano Menezes und Alejandro Sabella die Möglichkeit neue junge Talente unter Wettkampfbedingungen zu testen. Im argentinischen Team erkannten die Brasilianer jedoch einen alten Bekannten: Desábato.
Er errang eine zweifelhafte Berühmtheit, da er 2005 bei einem Libertadores-Spiel seines argentinischen Vereins Quilmes gegen den São Paulo FC den brasilianischen Stürmer Grafiti (später Wolfsburg) mit „Affe“ und „Scheiß Neger“ beschimpft haben soll. Desábato wurde direkt nach Spielende am Spielfeldrand festgenommen und konnte nicht einmal duschen. Nach zwei Nächten in einem brasilianischen Gefängnis wurde er gegen eine Kaution von etwa €4.000 freigelassen. Einige Monate später zog Grafiti die Anklage zurück und der Fall verlief im nichts. Desábato bestritt immer die Anschuldigungen des Rassismus und sagte er habe lediglich im Fußball übliche Schimpfwörter benutzt.
In Brasilien wurde die Vorbildfunktion der brasilianischen Rechtsgebung gegenüber der argentinischen und europäischen hervorgehoben. Das Verhalten der Polizei wurde als löblich dargestellt und man bedauerte sehr, dass Grafiti die Vorwürfe fallen ließ. In Argentinien hingegen interpretierte man das brasilianische Verhalten als eine aufgesetzte und verlogene Moralpredigt, die fremdenfeindliche Elemente gegenüber den Argentiniern beinhaltete.  In Brasilien ist Rassismus durchaus üblich, ohne dass er verbal ausgedrückt werden müsse. Wie würde nun das Wiedersehen zwischen Desábato und Brasilien aussehen?
Zunächst wurden die Hymnen gespielt. Dabei gibt es eine Tradition in Goiânia nach der die brasilianische Hymne von der Blaskapelle nur angespielt wird, aber dann unterbrochen wird. Die Fans singen dann A Capela weiter.
Die Argentinier traten erst mal sehr defensiv mit einer Fünfer-Abwehrkette und drei Vorstoppern auf. Somit war Brasilien dazu gezwungen die Initiative im Spiel zu übernehmen. Überraschend kam dann Argentinien durch Martinez in der 20. Minute zum 1:0. Aber die Seleção glich verdient durch Paulinho per Kopf nach Freistoß von Neymar in der 26. Minute aus.
In der zweiten Halbzeit wurde das Spiel zu einem offenen Schlagabtausch mit größerem Ballbesitz für Brasilien. Die Fans wurden langsam unruhig und forderten Mano Menezes Rücktritt in Sprechchören. Als es schon nach einem Unentschieden aussah, kam Desábato im Strafraum mit dem Arm an den Ball und der Schiedsrichter gab Elfmeter. Neymar verwandelte zum 2:1 Siegtreffer. Kein Wort wurde jedoch über Desábato oder Rassismus verloren.
Das Rückspiel wird am 03. Oktober in Resistencia stattfinden. Schon vor dem Spiel sprach ich mit Henrik Brandão Jönsson über FIFA, WM und die Seleção. Hier das Interview (bitte den Namen der Bar im Hintergrund beachten: WM 74):


Aufstellung Brasilien:
Jefferson, Lucas Marques, Dedé, Réver, Fábio Santos, Ralf,
Paulinho, Jadson, Lucas, Neymar, Luis Fabiano

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