Sonntag, 14. April 2013

America – Tigres, 2:1



Die erste Liga der Riomeisterschaft befindet sich in der entscheidenden Phase. Am vorletzten Spieltag waren mit Vasco und Flamengo schon zwei der Großen ausgeschieden. Somit ist ein Finale zwischen Botafogo und Fluminense sehr wahrscheinlich. Aber Leda, Carol und ich beschlossen wieder einmal der Glitzerwelt der ersten Liga den Rücken zu kehren und stattdessen den Spitzenreiter der zweiten Liga - America - zu sehen.


Dazu mussten wir uns in den Ort Mesquita in der Peripherie der Metropolregion Rio de Janeiro begeben. Mit dem Auto nimmt man die Autobahn in Richtung São Paulo und nimmt die Ausfahrt Belfort Roxo. Dann schlängelt man sich mühselig durch eine unglaublich schlechte Straße voller Löcher bis zum Stadion im Stadtteil Edson Passos. Man muss sich fragen: warum ist America hier raus gezogen?


Zu Erklärung: America ist für Rio ein wichtiger Verein, denn er gehört zu den vier Großen der Gründerjahre: Fluminense, Botafogo, Flamengo und eben America teilten sich die Gunst der Fans bis in die 1920er Jahre. Vasco da Gama erschien erst Ende der 20er Jahre auf der Landkarte und konnte dann Stück für Stück America überholen. Aus meiner Sicht ist der wichtigste Grund für diese Entwicklung eine Frage der Marktanteile: Fluminense, Botafogo und America sind Vereine der Mittel- und Oberschicht, während Flamengo und Vasco Klubs der Unterschicht sind. Die Oberschicht braucht einfach keine drei Klubs.


America stammt aus dem zentrumsnahen Stadtteil Tijuca, gleich beim Maracanã. Dort hatte man ein eigenes Stadion, aber als der Verein nach seinem sportlichen Abstieg in den 70er Jahren das Gelände, in einer doch relativ ertragreichen Gegend, verkaufen musste, blieb nur noch das Vereinsheim. Deshalb machte sich America in den 90er Jahren auf eine kostengünstige Alternative zu finden, um nicht ständig einen Platz für seine Spiele mieten zu müssen. Diese Alternative wurde dann in Mesquita gefunden, wo der Grundstückspreis in einer sehr entwerteten Gegend niedrig war.


So wurde am 23.01.2000 das Stadion Edson Passos mit 15.000 Plätzen, weit entfernt vom Wohnort de Fans von America, eingeweiht. Das Stadion galt damals als Vorzeigeobjekt. Heute ist es nur noch ein Schatten seiner selbst, da der Verein nicht wirklich davon profitieren konnte. Ein Sturm nahm das Dach der Gegengerade mit, die seitdem geschlossen ist. Der Putz bröckelt an allen Ecken.


Aber die Fans lassen sich davon nicht abschrecken. Fast 1.000 Zuschauer, und damit wahrscheinlich die Höchste Zuschauerzahl in unserer Tour durch die Riomeisterschaft, wollten das Spiel des Spitzenreiters der zweiten Liga sehen. Da merkt man dann, dass America ein Traditionsteam ist, das noch auf eine fanatische und treue Fanmenge zurückgreifen kann.


Die Fans hatten sich auch was einfallen lassen: zum Einlaufen der Mannschaften gab es Konfetti, Klopapier, Blockfahnen, Gesänge und Blutroten Rauch. Eine tolle Show! Während des ganzen Spiels wurde gesungen. Die Mannschaft bedankte sich bei den Fans mit erfrischendem Angriffsfussball, der aber in der ersten Halbzeit ausgekontert wurde und so Tigres 0:1 in Führung ging. Aber America war so überlegen, dass das Spiel noch gedreht wurde. 


In der Halbzeit führten die etwas unkoordinierten Cheerleaders von America ein Tänzchen auf.


Mir sind auch noch die Fahnen für Romario, Jorginho und Escobar aufgefallen. Romarios Vater war Fan von America und deshalb hat der Sohn zu Ehren des Vaters seine Karriere bei America abgeschlossen. Jorginho (Ex-Leverkusen und Bayern) hat seine Trainerkarriere bei America begonnen und wollte aufgrund seiner religiösen Einstellung das Maskottchen, ein Teufel, abschaffen. Ist ihm aber nicht gelungen. Escobar ist ein berühmter Fußballjournalist, der sich öffentlich dazu bekennt Fan von America zu sein.


Nach dem Spiel fuhren wir zurück ins Zentrum Rios. Das ging ziemlich schnell bis zum Eingang des Rebouças-Tunnels. Dort standen wir über zwei Stunden im Stau wegen eines üblen Unfalls, bei dem zwei Motoradfahrer starben. Mit Heißhunger kamen wir in Botafogo im Restaurant Joaquina an und bestellten Rippchen. Sehr lecker, wenn ich auch sagen muss, dass ich sogar schon bessere, zum Beispiel im Escondidinho oder im Cachambeer, gegessen habe.

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